Nichts Gewöhnliches, nichts Einfaches", will Viktor Tuganov, Protagonist des Romans Der Gedankenleser, schreiben, als er den Entschluss gefasst hat, Schriftsteller zu werden. "Keine rasch hingeschluderte Schmiererei im englischen Stil, wie es Mode war. Kein Machwerk voller billigem Nervenkitzel aus Tränen, Fleisch und Lügen."
Der Schauplatz ist Russland Anfang des 19. Jahrhunderts. Und was hier ironisch abfällig über den zeitgenössischen Roman gesagt wird, ließe sich nicht nur eins zu eins auf die heutige Unterhaltungsliteratur übertragen, sondern definiert zugleich Ansatz und ästhetische Grundlage von Der Gedankenleser, mit dem der 1954 in Thüringen geborene Gunter Gross eine konsequente Antithese zu den genannten Machwerken formuliert. Tuganovs Deformierung ist keine körperliche, sondern eine geistige: Er besitzt die Fähigkeit, die Gedanken seiner Mitmenschen zu lesen. Seine einzige Triebfeder ist die Suche nach der tiefen Empfindung, nach dem Glück, und jedes noch so blasse Surrogat dieser Empfindung wird ebenso dankbar wie begierig akzeptiert. Dabei gerät er unwissend in einen Kreis von Revolutionären hinein und damit in große Gefahr.
Personen: Gunter Gross
R 11 Gun
Gunter Gross:
¬Der¬ Gedankenleser / Gunter Gross. - München : Schneekluth, 2000. - 319 S.
ISBN 978-3-7951-1747-4 Geschenk
R 11 - Lit. für Erwachsene