Nach der Ehe für alle verfestigt sich der Eindruck, für Lesben und Schwule sei so gut wie alles erreicht. Dabei ist Diskriminierung in Deutschland Alltag, nur etwa ein Drittel aller Homosexuellen etwa ist äoutô am Arbeitsplatz, tief sitzende Ressentiments gegen Lesben und Schwule nie aufgearbeitet worden. Auch in der Mitte der Gesellschaft sind homophobe Denkmuster weit verbreitet, auch wenn diese nicht als solche wahrgenommen werden. Das liberale, aufgeklärte Selbstbild macht eine konstruktive selbstkritische Auseinandersetzung dabei oft besonders schwer: äHomophob? Ich doch nicht. Meine besten Freunde sind doch homosexuell!ô

Kram bringt den ädeutschen Sonderwegô bei der im Vergleich zu anderen westlichen Staaten spät und leidenschaftslos eingeführten äEhe für alleô in Verbindung mit der ädeutschen Spezialitätô der Homosexuellenverfolgung und den Paragrafen 175, die nie Bestandteil gesamtgesellschaftlicher Debatten war. Kram ist überzeugt: Wenn Heterosexuelle Homophobie nicht reflexhaft von sich weisen, sondern sich mit der strukturellen, gesellschaftlichen, aber auch mit der versteckten individuellen beschäftigen, könnten sie eine Menge über sich selbst und die Verfasstheit unserer Gesellschaft lernen.

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Personen: Johannes Kram

Schlagwörter: Homosexualität

Interessenkreis: Sachbuch