Nach der Neubearbeitung des katholischen Flaggschiffs unter den theologischen Lexika, des Lexikon für Theologie und Kirche, ist nun auch das evangelische Lexikon RGG in der vierten Auflage als preiswerte Sonderausgabe auf den Markt gebracht worden. Was schon auf den ersten, äußeren Blick auffällt: Das Lexikon ist gegenüber der dritten Auflage (1957-1965) um zwei Bände umfangreicher, d.h. die Stichwortliste ist beträchtlich erweitert worden. Schon bisher war es der Anspruch des Lexikons, "die wesentlichen Phänomene des religiösen und kirchlichen Lebens und die zu diesem Leben gehörende theologische Reflexion zur Darstellung" (Bd. I, V) zu bringen. Seit der ersten Auflage (1909-1913) hob sich das RGG gegenüber anderen Lexika besonders durch seine multiperspektivische Erfassung der zentralen Stichworte ab. An einem klassischen Beispiel sei das demonstriert. Wer im vierten Band unter dem Stichwort "Gott" nachschlägt, findet eine zehn Kapitel (über 40 Spalten) umfassende Erschließung dieses zentralen theologischen und religiösen Grundwortes: Der erste Eintrag ist eine religionswissenschaftliche Erörterung. Dann folgen die biblischen und religionsphilosophischen Aspekte. Sie werden fortgeführt durch die dogmatische, praktisch-theologische und missionswissenschaftliche Erschließung. Nach dem kunstgeschichtlichen Kapitel sind zwei Beiträge dem Gottesverständnis im Judentum und im Islam gewidmet. Während das Stichwort "Gott" deutlich aus dem Blickwinkel der biblisch-christlichen Überlieferung strukturiert ist, ist unter dem wenige Spalten nachher zu findenden Sammelstichwort "Gott/Götter/Götterbilder und -symbole" stärker der religionswissenschaftliche Zugang entfaltet. Hier nun findet man Informationen sowohl über die antike nahöstliche als auch fernöstliche Gestalt des Gottesthemas. Auch fällt in der Ausgabe die sprachliche und theologische Durchführung der großen Einträge auf: Sie sind klar und schon im ersten Lektüregang verstehbar geschrieben (was man vom großen evangelischen Lexikon-Bruder, der TRE [Theologische Realenzyklopädie] nicht immer behaupten kann). Unter den wichtigsten Stichworten und Unterteilungen ist das Wesentliche zu finden, man liest also nicht Stunden herum, um informiert zu sein, erhält aber auch nicht so knapp Zusammengefasstes, so dass die gewünschte Information für den theologischen Praktiker oder Experten unergiebig bleibt. Das Lexikon weist über die unvermeidbare Kontur jedes Autors, jeder Autorin hinaus keine schultheologische Bevorzugung auf, sondern vermittelt den theologischen Wissenstand, freilich aus der evangelisch-theologischen Perspektive spezifisch dort, wo eine konfessionelle Sicht tragend ist. Ökumenisch relevante Einträge sind immer auch von AutorInnen der jeweiligen Konfession geschrieben, unter dem Stichwort "Katholizismus" schreiben z.B. W. Beinert, V. Concemius, G. Collet. Für die Mehrzahl der Stichworte zählt das Kriterium der Kompetenz, nicht der Konfession. Über deutschsprachige und europäische AutorInnen hinaus, schreiben in dieser Auflage Experten aus aller Welt, insgesamt fast 4000 Autoren aus 74 Ländern in über 15.500 Artikeln. Was der Leser, die Leserin hier versammelt findet, ist bester theologischer Standard. Für mich als Theologen gehört das RGG zu meinen Standardhandbüchern. Ich kann abschließend nur sagen: Dieses Lexikon gehört in jede Handbibliothek eines Fachtheologen, einer Religionspädagogin, eines Pfarrers oder einer Pastoralreferentin. Auch wenn es auf den ersten Blick viel ist, was man für das RGG ausgibt, besser kann man sein Geld in theologische Informationsquellen nicht investieren. Gegenüber der grassierenden Tendenz, schnell online bei "wikipedia" nachzuschlagen, ist das klassische Lexikon in vielerlei Hinsicht noch immer unschlagbar: vor allem in der Seriosität der Beiträge und AutorInnen, die namentlich identifizierbar sind. Das RGG ist die beste Lexikonfrucht der evangelischen Theologie, das ich unserem großenteils katholischen LeserInnenkreis nachdrücklich empfehle. *Theologisch-praktische Quartalschrift* 2/2009 Franz Gruber

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Serie / Reihe: RGG 4

Personen: Betz, Hans Dieter

Leseror. Aufstellung: Religion → Lexikon

Schlagwörter: Religion Lexikon