DiCamillo, Kate
Medium der interaktiven Leseförderung Antolin Der Elefant des Magiers
Buch

Die typische Ausgangssituation für ein Zaubermärchen ist eine Mangelsituation. Irgendjemand leidet existenziell, hat etwas verloren oder hat große Sehnsucht nach einer Veränderung. Bekanntlich gehen Märchen immer gut aus: Das Gute gewinnt und das Böse ist überwunden oder vernichtet. Diese typische Märchenerzählung ist schon uralt, aber dennoch nicht in die Jahre gekommen, noch immer ist es möglich sie zu adaptieren und nach ihrem Muster neue Literatur zu schaffen. Zwei renommierte Autorinnen, die Deutsche Jutta Richter und die Amerikanerin Kate DiCamillo haben sich am Zaubermärchen orientiert und sehr unterschiedliche moderne Märchen geschrieben. Die Mangelsituation am Beginn der Erzählung ist in beiden Texten unterschiedlich gestaltet. DiCamillo bleibt näher an der typischen Märchenerzählung und rückt den Waisenjungen Peter in den Mittelpunkt. Seine Mutter ist nach der Geburt seiner Schwester gestorben und sein Vater im Krieg gefallen. Nun lebt er bei einem alten Offizier, einem Kollegen seines Vaters, und wird von diesem zu einem treuen und tapferen Soldaten erzogen. Der Offizier hat Peter gesagt, dass seine Schwester bei der Geburt gestorben sei. Als ihm eine Wahrsagerin aber bestätigt, was er selbst schon lange vermutet, ist er vollkommen verwirrt: Seine Schwester lebt und ein Elefant wird ihn zu ihr führen. Nur gibt es im winterlich kalten Balta keine Elefanten und seine Situation scheint unlösbar. "Die Welt ist entzwei, dachte Peter, und sie kann nicht heil gemacht werden." Jutta Richter beginnt ihr Märchen zwar im typischen Märchenduktus, bricht diese Erzählung aber bald wieder ab und erzählt die profane Geschichte des Kohlenträgers Robert, der gerne eine Frau finden möchte, sich aber wegen seiner schmutzigen Hände schämt. Beide Protagonisten können ihre Mangelsituation beheben, ihnen werden - wiederum typisch für das Zaubermärchen - Helferfiguren zur Seite gestellt. Peter hilft sein Nachbar, der Polizist ist, und Robert eine alte Kundin. Von ihnen bekommen sie das Zaubermittel, mit dessen Hilfe sie den Mangel beheben können. Peter wird vom Polizisten tatsächlich zu einem Elefanten geführt, der von einem Zauberer unbeabsichtigt herbeigezaubert wurde, und dieser bringt ihn geradewegs zu seiner Schwester. Roberts Zaubermittel ist wesentlich kleiner, er bekommt rote Socken, die von einer wunderschönen Hexe gestrickt wurden. In diesen geht es sich nicht nur besser, wie die alte Frau betont, sondern sie führen ihn geradewegs zur schönen Hexe selbst, die sich als Liebe seines Lebens herausstellt. DiCamillos Text ist wesentlich differenzierter und poetischer erzählt, sie schafft eigenartige und vielschichtige Figuren wie den Polizisten, der alles hinterfragt, einen verkrüppelten Steinmetz, der plötzlich immer lachen muss, oder einen blinden Bettler, der aus Sätzen, die er aufschnappt, Lieder macht und beinahe die Funktion eines griechischen Chors hat, um nur einige zu nennen. Auf magische Weise werden die Schicksale dieser Figuren verbunden und ein glückliches Ende für alle erdacht. Richter kommt mit einem kleineren Figureninventar aus, deren Lebensgeschichten weniger ausgeleuchtet werden. Zwei eingefügte Suberzählungen wirken sehr unmotiviert und es ergibt sich aus ihnen keine neue Perspektive. Beide Texte illustrieren auf sehr unterschiedliche Weise, wie Zaubermärchen immer wieder neu erzählt werden können, ohne an Wirkung zu verlieren. *ag* Nico Kalteis

Altersempfehlung: ab 7 Jahren.

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Personen: DiCamillo, Kate Tanaka, Yoko Ludwig, Sabine

Schlagwörter: Fantasy Antolin Klasse-5

Interessenkreis: Erzählungen

DiCamillo, Kate:
¬Der¬ Elefant des Magiers / Kate DiCamillo. Aus dem Amerikan. von Sabine Ludwig. Mit Ill. von Yoko Tanaka. - München : Dt. Taschenbuch-Verl., 2010. - 173 S. : Ill.
ISBN 978-3-423-76002-7 fest geb. : Eur 13,40

Zugangsnummer: 2011/5204 - Barcode: 2-9040711-4-00005524-6
Erzählungen - Signatur: K 3 DiCam - Buch