Ausgehend von der Orientierungshilfe der Evangelischen Kirche im Rheinland mit dem Titel "Christen und Muslime nebeneinander vor dem einen Gott - Zur Frage gemeinsamen Betens" (1997/98) geht es in dem vorliegenden Beitrag einerseits um die Frage des gemeinsamen Betens und Feierns - in unserem Fall also um entsprechende Erfahrungen und Einsichten im Kontext der Begegnung von Juden, Christen und Muslimen. Andererseits geht es um die Gewinnung einer neuen Perspektive bzw. um die Beschreibung eines neuen Horizonts eben dieser Fragestellung "auf dem Weg zu einer interkulturellen Theologie der Leibhaftigkeit" - und für die weitere Diskussion damit zunächst um ein Postulat. Denn im Gebet und beim Beten sind wir einerseits ganz wir selbst und öffnen uns andererseits zum jeweils Anderen und Fremden hin. Dabei sind es längst nicht die verbalisierten Ausdrucksformen allein, sondern zugleich (und vielleicht mehr noch) unsere mehr oder weniger Ganzheitlichkeit bekundenden Gestaltungsformen, die je und je Authentizität und Dialogfähigkeit verkörpern. Leibhaftigkeit - in diesem Sinne nun recht verstanden - meint also, das Beten bzw. das Gebet als eine "ganzheitlich-menschliche Leistung" anzusehen, wobei Seele und Leib zugleich und zusammen an ihr beteiligt sind. Dies wiederum setzt eine Klärung des praktischen Vollzugs voraus, der in den verschiedenen Kulturen und Religionen zumal in theologischer Hinsicht keineswegs selbstverständlich ist.
Personen: Ritter, André
Ritter, André:
Evangelische Theologie: Gemeinsames Beten und Feiern : auf dem Weg zu einer interkulturellen Theologie der Leibhaftigkeit / André Ritter. - 66, 2006. - S.199-209