Untersucht man Bonhoeffers Einfluss auf dogmatische Entwürfe der neueren Zeit, dann lässt sich neben der schlagwortartigen Rezeption besonders griffiger Formulierungen auch eine Weiterführung grundlegender Einsichten Bonhoeffers beobachten. Dazu gehört insbesondere seine Auffassung, der Mensch müsse in dieser Welt mündig und verantwortlich leben; dass Gott umgekehrt nicht als allmächtig im metaphysischen Sinn gedacht werden darf, sondern als leidend und ohnmächtig, und dass Gnade nicht billig ist, diese Überzeugungen Bonhoeffers begegnen vielfach. Als überholt wird dagegen in der Regel seine Prognose einer religionslosen Zeit eingeschätzt. Mehrfach trifft man überdies auf das Urteil, Bonhoeffer sei seiner eigenen Unterscheidung von Letztem und Vorletztem nicht gerecht geworden; insbesondere seine Forderung, der Christ solle wie Christus als der "Mensch für andere" leben, wird als eine Verwechslung der soteriologischen und der ethischen Beziehungsebene kritisiert, durch die es zu einer Auflösung des Letzten im Vorletzten komme.
Personen: Tietz, Christiane
Tietz, Christiane:
Evangelische Theologie: Mensch, Welt und Gott : die Bonhoeffer-Rezeption in neueren dogmatischen Entwürfen / Christiane Tietz. - 67, 2007. - S.433-443
Einheitssacht.: Bonhoeffer-Rezeption