Auch in Zeiten wie diesen gilt: Lesen stellt eine Basiskompetenz für jede Art von Medienalphabetisierung dar und erschließt damit den Zugang zur Medienkultur und darüber hinaus die Teilhabe an Gesellschaft und Politik. Gleichzeitig erfordert Lesen als anspruchsvolle Kulturtechnik Lernaufwand beim Erwerb sowie Konzentration bei der Ausübung. Somit beinhaltet die Entwicklung zum Lesen komplexe Sozialisationsprozesse, die von vielen Instanzen determiniert und von persönlichen Eigenschaften und Motivationen getragen werden. Dabei waren etwas weiter zurückliegende Projekte, wenn man/frau sich etwa die Reihe „LL – Leichter lesen – Lieber lesen“ aus dem Wiener Verlag „Jugend & Volk“ mit einem Beispiel von Friedl Hofbauer („Die Glückskatze“, 1984) anschaut, noch recht nahe dem Erscheinungsbild, das bei österreichischen KJL-Preisen estimiert wurde. Immer mehr haben aber die immer mühsameren Versuche zur Lesesozialisation sich von einem Leitbild -„Literatur als Probebühne des Lebens“ (Dieter Wellershoff) entfernt und sich einer eher „bloß“ technisch konditionierenden Lesepädagogik zugewandt: Dabei sind etwa Kriterien wie linksbündiger Flattersatz, Serifenschriftverwendung und ca. 100 Seiten Umfang definiert worden – literarische Qualität sei sekundär. Jüngst hat nach diversen Lesekompetenzmiseren „superlesbar.de“ in der Verlagsschiene von GULLIVER bei Beltz & Gelberg einen neuen Anlauf zur Verbesserung der Lesesozialisation für zwei Alterszielgruppen – 9 und 11 Jahre – unternommen. Man/frau könnte allerdings meinen, dass die beiden zur Rezension vorliegenden Titel die absolute Lebensschwere von Literatur dazu als Ausgangspunkt wählen: In beiden Büchern wird mit dem Komazustand der Identifikationsfigur begonnen – eine seltsame Challenge für eine doch lustbetont sein sollende Tätigkeit! Karen McCombie erzählt von einer mobbenden Schülerin, die sich nach einem – wie sie schließlich selbst erkennt – selbst verschuldeten Unfall nach der Koma-Katharsis positiver zu orientieren scheint. Steve Cole wiederum schildert, ohne auch nur das betreffende Land zu nennen – Landkarte als Vorsatzpapier wurde versäumt –, in größter Armut größten Gefahren ausgesetzte Personen, die nach Zinn tauchen. Ob dieser Art Bücher der Steigerung der Lesekompetenz dienen können, darf bezweifelt werden. *ag* Franz Derdak Siehe weiters: Karen McCombie: Mein geheimnisvolles Ich
Personen: Cole, Steve Vidal, Oriol Süßbrich, Julia
Cole, Steve:
Jäger in der Tiefe / Steve Cole. Mit Ill. von Oriol Vidal. Aus dem Engl. von Julia Süßbrich. - Weinheim : Gulliver von Beltz & Gelberg, 2020. - 117 S. : Ill.
ISBN 978-3-407-75487-5 fest geb. : ca. € 11,30
9 - 12 J. - Signatur: 5.1 Cole - Buch