Eine junge Frau entdeckt das "wahre Gesicht" ihres Vaters, der für sie das Sinnbild von Toleranz und Aufrichtigkeit war. Jean Louise Finch, die kleine "Scout" aus Harper Lees zum weltweiten Klassiker avancierten Roman "Wer die Nachtigall stört" (s.u.), ist erwachsen geworden und lebt mittlerweile in New York. Nur noch selten besucht sie ihre Familie in Alabama. Den Sommer 1954, kurz nachdem der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten die Rassentrennung an öffentlichen Schulen abgeschafft hat, verbringt sie in ihrem Heimatort, einem Provinzstädtchen in Alabama. Es entsetzt sie, wie vehement sich die meisten weißen Bürger von Maycomb gegen diese bahnbrechende Regelung zur Wehr setzten und wie wenig sie mit ihren toleranten, "modernen" Ansichten zu diesen von Hass und Vorurteilen geprägten Menschen vordringen kann. Sogar der Mann, den sie heiraten möchte und den sie ihr Leben lang kennt, offenbart seine Vorbehalte gegen die Gleichstellung der ehemaligen Sklaven. Als sie feststellt, dass ihr Vater Atticus an Versammlungen des Ku-Klux-Klans teilnimmt, gerät ihr Weltbild gänzlich aus den Fugen. Wo ist der aufrechte Anwalt geblieben, der sie und ihren Bruder Toleranz und Mitmenschlichkeit lehrte und einen des Mordes angeklagten, farbigen Jungen vor Gericht verteidigte? - Der Manuskriptfund dieses Romans ist eine literarische Sensation - nicht nur, weil man jahrzehntelang glaubte, Harper Lee hätte nur ein einziges Buch geschrieben, sondern vor allem wegen des überraschenden Charakterwechsels des Atticus Finch, der - obwohl fiktiv - vielen Amerikanern jahrzehntelang als Identifikationsfigur diente. Das fesselnde und dialogreiche Buch kann literarisch für sich alleine stehen, bildet aber mit seinem "nachgefolgten" Vorgänger das interessante Gesamtwerk einer Autorin, die sich dem verlegerischen Druck beugen musste, ein "versöhnlicheres" Buch zu schreiben. Für alle Büchereien. (Übers.: Ulrike Wasel u. Klaus Timmermann) Der sensationelle Manuskriptfund - das literarische Großereignis! Harper Lee hat bisher nur einen Roman veröffentlicht, doch dieser hat der US-amerikanischen Schriftstellerin Weltruhm eingebracht: "Wer die Nachtigall stört", erschienen 1960 und ein Jahr später mit dem renommierten Pulitzer-Preis ausgezeichnet, ist mit 40 Millionen verkauften Exemplaren und Übersetzungen in mehr als 40 Sprachen eines der meistgelesenen Bücher weltweit. Mit "Gehe hin, stelle einen Wächter" - zeitlich vor "Wer die Nachtigall stört" entstanden - erscheint nun das Erstlingswerk. Das Manuskript wurde nie veröffentlicht und galt als verschollen - bis es eine Freundin der inzwischen 89-jährigen Autorin im September 2014 fand. In "Gehe hin, stelle einen Wächter" treffen wir die geliebten Charaktere aus "Wer die Nachtigall stört" wieder, 20 Jahre später: Eine inzwischen erwachsene Jean Louise Finch, "Scout", kehrt zurück nach Maycomb und sieht sich in der kleinen Stadt in Alabama, die sie so geprägt hat, mit gesellschaftspolitischen Problemen konfrontiert, die nicht zuletzt auch ihr Verhältnis zu ihrem Vater Atticus infrage stellen. Ein Roman über die turbulenten Ereignisse im Amerika der 1950er-Jahre, der zugleich ein faszinierend neues Licht auf den Klassiker wirft. Bewegend, humorvoll und überwältigend - ein Roman, der seinem Vorgänger in nichts nachsteht.
Personen: Lee, Harper
Lee
Lee, Harper:
Gehe hin, stelle einen Wächter : Roman aus dem Engl. / Harper Lee. - 6. - Stuttgart : Dt. Verl.-Anst., 2015. - 317 S.
ISBN 978-3-421-04719-9 fest geb. : 19,99
Lee - Schöne Literatur