Vielschichtiger Familienroman (DR) Dickie Barnes, seine Frau Imelda und die Kinder Cass und PJ leben in einer kleinen Stadt, einige Autostunden von Dublin entfernt. Dickie hat das Auto-Geschäft seines Vaters übernommen, der nach Portugal ausgewandert ist. Imelda, aus ärmsten Verhältnissen stammend, besticht durch ihre Schönheit und liebt es, sich mit schönen Dingen zu umgeben. Cass ist sehr pubertär und ihre Treffen mit ihrer Freundin Elaine sind ihr wichtiger als alles andere. Ihr jüngerer Bruder PJ, vielseitig interessiert und meist allein, zieht sich zunehmend in digitale Welten zurück. Das Geschäft der Barnes geht immer schlechter, was wohl teils an der Wirtschaftskrise und andererseits vielleicht auch an der mangelnden Verkaufstüchtigkeit von Dickie liegt. Imelda kann nicht mehr so viel Geld ausgeben und muss sogar beginnen, Sachen zu verkaufen. Der Haussegen hängt schief. Cass treibt sich mit Elaine in zwielichtigen Bars herum und trifft sich manchmal mit Jungs in einer Hütte im Wald der Barnes. Aufgrund der finanziellen Schieflage ist es auch nicht mehr sicher, ob Cass wirklich mit Elaine gemeinsam zum Studium nach Dublin gehen kann. Imelda und Cass geben auf jeden Fall Dickie die Schuld an diesem Desaster. Imelda ist überzeugt, dass nur Dickies Vater die Situation mit einer kräftigen Finanzspritze retten kann. Dickie zieht sich immer mehr zurück und wird zusehends wunderlich. Durch Rückblenden wird sukzessive klar, wo die eigentlichen Probleme der Familienmitglieder liegen. Insgesamt ein sehr faszinierender Roman, der trotz seiner 700 Seiten gut und spannend zu lesen ist. Auffallend ist die Methodik der Auslassung von Satzzeichen, die immer wieder passagenweise erfolgt und auch die innere Rede mit »du« in den letzten Kapiteln. Auch von der Gliederung her ist der Roman nicht alltäglich: Während anfangs einzelne Kapitel mit römischen Ziffern unterteilt sind, wechseln sich später Gedanken unter den Überschriften der jeweiligen Personen ab. Erstaunlich ist es, wie oft es dem Autor gelingt, unheilvolle Wendungen anzukündigen, diese jedoch nicht immer eintreten zu lassen. Der Roman endet in einem stakkato-artigen Showdown, bei dem die Protagonisten in immer schneller wechselnder Folge zu Wort kommen. Insgesamt ist es ein fesselnder Roman mit nur wenigen Längen, über dessen Ende ich ein wenig ratlos zurückgeblieben bin.
Personen: Müller, Wolfgang Murray, Paul
Leseror. Aufstellung: Roman
Murray, Paul:
Der Stich der Biene : Roman / Paul Murray ; aus dem Englischen von Wolfgang Müller. - München : Verlag Antje Kunstmann, 2024. - 699 Seiten
ISBN 978-3-95614-581-0 Festeinband : EUR 30,90 (AT)
Schöne Literatur - Signatur: Murra - Buch