Mitleid und Begehren prägen das Leben eines jungen Russen in den 1970er Jahren. (DR) Schurik ist ein guter Junge, folgsam, pflichtbewusst, höflich. Großmutter und Mutter haben ihn erzogen und "von klein auf bildete sich bei Schurik unbewusst das Gefühl heraus, das Gute an sich sei etwas Weibliches" (S. 35). Dieses Gefühl verstärkt sich noch, als er seine ersten Liebesaffären erlebt und bei jeder Frau schwach wird, die sich für ihn interessiert. In den Turbulenzen um die Emigration seiner jüdischen Jugendliebe Lilja bekommt Schurik den schweren Herzinfarkt seiner Großmutter kaum mit und macht sich nach ihrem Tod die heftigsten Vorwürfe, als "guter Junge" versagt zu haben. Er konzentriert sich von nun an darauf, seiner schwachen und zarten Mutter tatkräftig zur Seite zu stehen. Daneben ist er natürlich jederzeit zur Stelle, wenn es darum geht, einer Frau irgendwie behilflich zu sein: Da heißt es nicht nur Katzen zu füttern oder Medikamente zu besorgen, sondern auch die schwangere Lena zu heiraten, damit sie einen Vater für ihr uneheliches Kind präsentieren kann. Oder seiner schönen, gehbehinderten Chefin ihren sehnlichen Wunsch nach einem Kind zu erfüllen... Liebe, das ist für Schurik lange Zeit eine Mischung aus Mitleid und Begehren, eine effiziente Art, Frauen glücklich zu machen. Nicht mehr, nicht weniger. Sehr praktisch, dass dem Buch ein Lesezeichen beigelegt ist, auf dem die 17 (!) wichtigsten Frauen in Schuriks Leben angeführt sind. Ein tragikomischer Roman, in dem die Autorin sarkastisch-humorvolle Porträts zeichnet, ohne jemals ihre Protagonisten bloßzustellen. Ljudmila Ulitzkaja, eine der wichtigsten Frauen der russischen Gegenwartsliteratur, ist eine wunderbare Erzählerin, die in keiner Bibliothek fehlen sollte! *bn* Sabine Krutter

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Personen: Ulitzkaja, Ljudmila