Mädchenliteratur – was kann und soll das im Zeitalter des Gender Mainstreaming überhaupt noch sein? Betrachtet man den KJL-Markt, insbesondere populäre Literatur, wird verlagsseitig noch immer oder seit 2000 im Zeichen des Postfeminismus wieder verstärkt Geschlechterdifferenz vermarktet – Kicken für Jungs, Glitzer für Mädchen. Irritationen derartiger Stereotype durch die von Judith Butler postulierte performative Kraft von Kunst und Literatur finden sich überwiegend in avancierten Titeln der Jugendliteratur, bspw. „Marsmädchen“ (Bach, 2003) oder „Tigermilch“ (de Velasco, 2013). Aber auch drei aktuelle Romane, allesamt von jungen österreichischen Autorinnen (Jg. 1981/82), die von Mädchen an der Schwelle zum Erwachsensein erzählen, setzen Akzente in der Darstellung weiblicher Adoleszenz. [...] Während der Roman „Liebe ist was für Idioten. Wie mich.“ aufgrund des sarkastischen und lakonischen Stils der Ich-Erzählerin nicht nur spannend, sondern auch witzig ist, sticht der Roman „Rabensommer“ von Elisabeth Steinkellner aufgrund seiner poetischen Durchgestaltung hervor. Wie auch in den anderen beiden Romanen steht hier mit Juli eine junge Erwachsene als weibliche Hauptfigur im Zentrum, was im ersten Kapitel aber noch nicht klar ist: geschildert wird hier die Sommernacht, die in Julis achtzehnten Geburtstag hineinragt, wenige Tage vor der Matura. Es ist quasi der letzte Abend, den vier Jugendliche – Juli, Niels, Ronja und August – in ihrer alten freundschaftlichen Formation begehen, wobei unklar ist, wer mit wem in welcher Beziehung steht: „Kussgeräusche schwirren durchs Dunkel wie ein Schwarm verliebter Käfer.“ – Ein verwirrender Sommernachtstraum eben, ein atmosphärisch starker und spannender Auftakt zu einem heißen Sommer, mit dem sich alles ändert. Niels, Julis Freund und erste große Liebe, hat die Matura nicht geschafft und muss ein weiteres Jahr zu Schule, die anderen drei suchen ihre Zukunft. Eindrucksvoll wird aus der Perspektive Julis diese krisenhafte Zeit des Übergangs in eine selbstverantwortete Zukunft erzählt, in der alles möglich erscheint, was aber auch die Herausforderung schafft, einen eigenen Masterplan zu entwickeln: Ronja, Tochter von Hippie-Eltern, wirkt unabhängig und möchte nach London gehen; August, dem sich Juli nahe fühlt, taucht erst einmal unter, erlebt die Liebe mit einem älteren Mann; Juli erlebt den letzten Sommer mit Niels, der sich schließlich in ein anderes Mädchen verliebt. Die Entdeckung und Verarbeitung der Trennung und der Abschied von den Freunden, das Neu- und Wiederfinden, das sich selbst Entdecken und irgendwann in einer eigenen Wohnung mit irgendeinem Studium und neuen Freunden Aufwachen wird in zwei Teilen mit je unterschiedlich langen bzw. eher kurzen Kapiteln, die vor allem im zweiten Teil lyrisch gestalteten Tagebucheinträgen ähneln, erzählt, aber nicht im Rückblick, sondern gleichzeitig, was hier ein spannungsbildendes Moment ist. Authentisch werden am Beispiel Julis die krisenhaften Gefühle in Zeiten des Übergangs in poetische Sprache transformiert – hier wird nicht einfach gechillt, sondern „um unser Leben [ge]schlafen“. Der Roman endet mit Karim, einer neuen Liebe, ohne hierin abgeschlossen zu sein, denn da sind auch noch August, Ronja und die Frage nach der Richtung des Begehrens und die Einsicht, dass das Karussell des Lebens sich weiter dreht. - Alle drei Romane zeichnen sich durch interessante Mädchenfiguren und spannende Liebesplots aus, die nur im Ansatz noch traditionell erscheinen, denn Ali, Viki und Juli entwickeln sich zu sexuell emanzipierten, selbstbewussten Persönlichkeiten, die es letztendlich mit der Zukunft aufnehmen wollen. – Herausragend aber erscheint hier der „Rabensommer“, der nicht nur poetisch dicht gestaltet ist, sondern auch subtil Heteronormativität in Frage stellt. Siehe weiters Sabine Schoder: Liebe ist was für Idioten. Wie mich Siehe weiters Kathrin Steinberger: Manchmal dreht das Leben einfach um

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Personen: Steinkellner, Elisabeth