Ohne das Zutun des Autors und des Komponisten verbreitete sich das 1818 erstmals zur Aufführung gebrachte 'Stille Nacht! Heilige Nacht!“ über den gesamten Erdball. Dass dieser unglaublichen Erfolgsgeschichte wenig gesichertes historisches Material gegenübersteht, bildete einen hervorragenden Nährboden zur Mythen- und Legendenbildung. Ziel dieser beiden Bücher ist es, aus diesen bisweilen märchenhaften Überhöhungen wieder zurück zu finden auf den Boden der geschichtlichen Realitäten. Beide Bände werfen einen Blick auf die historische Situation Oberndorfs zur Entstehungszeit und gehen den Lebensgeschichen von Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber nach. Wolfgang Herbst legt in der Folge seine Schwerpunkte vor allem auf die erstaunliche Beliebtheit des Liedes auch in den protestantischen Gegenden, zeichnet die Verbreitungsgeschichte in Europa und Übersee nach, und stellt sich wirkgeschichtlichen und musikwissenschaftlichen Fragestellungen. Ist der Tonfall von Wolfgang Herbst vor allem von Sachlichkeit geprägt, so liegen die Qualitäten bei Werner Thuswaldner vielmehr in der erzählerischen Hinführung. Ihm gelingt es, das Gebiet von Salzburg um 1820 und die Charaktere der Beteiligten in lebendigen Bildern herauszuarbeiten. Mit ihm kann man hineintauchen in die schwierige wirtschaftliche Situation Oberndorfs nach der gewaltsamen politischen Trennung von Laufen und er führt uns vor Augen, wie das Leben der Salzachschiffer, der Geistlichen und der Dorfschullehrer in der damaligen Zeit ausgesehen haben. Geschickt lässt Thuswaldner sein reichhaltiges Quellenmaterial im Rahmen seiner Ausführungen erzählerisch mitlaufen. Die Fakten und Dokumente erscheinen daher nicht als wissenschaftlicher Apparat sondern als lebendige Zeugnisse, durch die man ausschnitthafte Blicke auf die betreffende Zeit und die Personen gewinnt. Das Lied wird somit eingebettet in die politische und wirtschaftliche Situation der Zeit und verknüpft mit den Lebensgeschichten seiner Schöpfer. In diesen Schilderungen bleibt aber immer erkennbar, ob es sich um gesichertes historisches Wissen handelt, um Erklärungsversuche der Nachwelt oder um die eigenen Interpretationen des Autors. Fazit: Zwei sehr empfehlenswerte Bände, wobei der Band von Werner Thuswaldner zweifellos zum Grundbestand österreichischer Bibliotheken zählen sollte. *bn* Reinhard Ehgartner
Personen: Thuswaldner, Werner
D
Thu
Thuswaldner, Werner:
Stille Nacht! Heilige Nacht! : die Geschichte eines Liedes / Werner Thuswaldner. - Salzburg : Residenz-Verl., 2002. - 175 S. : Ill.
ISBN 3-7017-1310-3 fest geb. : € 14,90
d - Buch: Dichtung