Psychologische Zeichnung einer deutschen Familie, in der das Schweigen Gefühle, Probleme und Beziehungen übertönt. (DR) Als nach 60-jähriger Ehe Grethe stirbt, ändert sich für den 95-jährigen Walther alles. Die (verdrängten) Schatten der Vergangenheit holen ihn ein und das mühsam gehaltene Gleichgewicht im Leben zerbricht. Der geschiedene Sohn Walthers, Jürgen, inzwischen selbst Pensionist und quasi ohne Auftrag, zieht zu seinem Vater, um ihm zu helfen. Als der Enkel Nicki mit seiner Verlobten zu Besuch kommt, stellt diese Fragen, die in dieser Familie bislang tabu waren. Das über 300 Seiten starke Buch fasziniert und übt einen seltsamen Zauber aus. Die Darstellung der Sprachlosigkeit in einer Familie ist der Autorin auf höchstem Niveau gelungen. Die Geschichte ist literarisch wunderbar durchkomponiert. Abschnittsweise legt sie den Fokus auf einen der Protagonisten und die LeserInnen verstehen wieder ein Stück mehr von einer Biografie, die ihnen bekannt vorkommt. Intensiv und feinfühlig wird die Traumatisierung dargestellt, die nicht nur das Individuum alleine betrifft (hier: Walther, der im Krieg war, und Grethe, die in dieser Zeit von Russen vergewaltigt wurde - beide konnten lebenslang niemals über das Gewesene sprechen), sondern auch die nachfolgenden Generationen, die (nicht nur) das sprachliche Tabu unbemerkt übernehmen. Ein großartiges Buch über Verdrängung, Schweigen, Angst, Scham und Einsamkeit verbunden mit der Chance auf psychische Gesundung. Unbedingt zu empfehlen! *bn* Doris Göldner
Personen: Köhler, Harriet
D
Köh
Köhler, Harriet:
Und dann diese Stille : Roman / Harriet Köhler. - Köln : Kiepenheuer und Witsch, 2010. - 313 S.
ISBN 978-3-462-04191-0 fest geb. : Eur 20,60
d - Buch: Dichtung