Die Lebensbilanz der DDR-Autorin Christa Wolf. (DR) Anfang der 1990er Jahre verbringt die Schriftstellerin Christa Wolf, einst repräsentative Autorin und später Kritikerin der Staatsführung der DDR, auf Einladung des Getty Center einige Monate in Los Angeles. Offizieller Anlass für den Aufenthalt sind die Briefe einer Emigrantin, die Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus verlassen hat. Nun soll Christa Wolf Licht in das Schicksal dieser Frau bringen. Der Forschungsauftrag bringt sie mit Vertretern der deutschsprachigen Emigrantenkolonie in Kontakt. Die Begegnungen führen bei Christa Wolf zu einem intensiven Reflexionsprozess über die Entstehung und das Selbstverständnis der gerade untergegangenen DDR. Sie versucht auch Klarheit über ihre Haltung zu dem Staat, "dem ich ein Experiment zutraute", zu gewinnen. Dem Staat, an dem sie trotz innerer Distanz immer festgehalten hat. Den Mittelpunkt des Buches bildet jedoch eine Krise, in die Christa Wolf stürzt. In den deutschen Medien tauchen Dokumente auf, die belegen, dass die Autorin von 1959 bis 1962 als informelle Mitarbeiterin der Stasi geführt wurde. "Wie konnte ich das vergessen?", fragt sie sich immer wieder. Erst als sie es schafft, ihre rigorosen Maßstäbe zu relativieren, findet sie aus dieser Krise wieder heraus. In dem ungemein vielschichtigen Buch mischt Christa Wolf Tagebuch, Reisebericht, Erinnerungspassagen, Traumerzählungen und fiktive Passagen. Überwältigend sind der literarische Sachverstand und das Können, die die Autorin dabei walten lässt. Sie verfügt über eine enorme sprachliche Ausdrucksfähigkeit und verbindet mühelos Zeitebenen sowie wechselnde Identitäten miteinander. Wegen seiner sprachlichen Qualität und der Verflechtung vieler Aspekte der deutschen Literatur liest man das Buch mit Freude und Gewinn. Absolut empfehlenswert.

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Personen: Wolf, Christa

Standort: U Bücher

Interessenkreis: Deutsche Einheit