Strahlende Helden und düstere Fabelwesen - oder doch umgekehrt? Hal Svensson kommt genau zur Wintersonnenwende zur Welt und seine Amme weiß: "Bälger, die an diesem Tag geboren werden, fühlen sich oft von dunklen Geheimnissen angezogen, von Hexerei und dem Einfluss des Mondes. Hüte dich und gib dem nicht nach, sonst führt es dich und alle, die dir lieb und teuer sind, unweigerlich ins Verderben. Abgesehen davon, mein lieber Hal, ist alles in bester Ordnung. Schlaf schön." Bald wird klar, dass Hal sich zu einem außergewöhnlichen Kind entwickelt: Er ist nicht besonders hübsch, stämmig, viel zu klein geraten und besonders seine kurzen Beine sind der ständige Anlass für Spott und Häme. Seine eigene Familie macht da keine Ausnahme. Hal wiederum verfügt über einen scharfen Verstand und eine ebensolche Zunge, die ihn immer wieder in Schwierigkeiten bringt. Er wächst mit den Heldengeschichten über seinen Urahn Sven auf, die voll sind von Kämpfen mit Trolden, geheimnisvollen und grausamen Wesen, die sich vorzugsweise von Menschenfleisch ernähren und denen jeder zum Opfer fällt, der dumm genug ist, das schützende Tal mit dem Wall aus Heldengräbern zu verlassen. Doch dann lernt Hal Aud kennen, ein Mädchen aus einer anderen Sippe. Aud zweifelt an den alten Heldengeschichten und an der Existenz der Trolde. Nicht nur wegen der Namen fühlt man sich in die alte nordische Sagenwelt versetzt; Stroud spielt auch mit den hemmungslosen Übertreibungen, was das Wirken der Helden angeht. Allmählich aber beginnt sich der Tonfall um die Geschichten von Urahn Sven zu ändern. Mit derselben Gleichgültigkeit, mit der die Abschlachtung von Monstern und Banditen geschildert wird, wird jetzt über Svens erbarmungsloses Vorgehen gegen seine Nachbarn und seine eigenen Bauern berichtet. Was wie eine Satire begann, bekommt spätestens hier eine sozialkritische und ernste Komponente. Und auch Hal, der sich nichts sehnlicher wünscht, als in Svens Fußstapfen zu treten, beginnt nach seinen ersten Erfahrungen mit dem "Abenteurerhandwerk", die Glaubwürdigkeit und Sinnhaftigkeit der alten Geschichten zu hinterfragen. Deshalb trifft der Originaltitel "Heroes" den Kern des Buches weit besser als der deutsche. Spannend, aber auch nachdenklich stimmend und Dank Hals Spitzzüngigkeit (tut mir leid, ich kann es mir nicht verkneifen: Er erinnert irgendwie an den Dschinn Bartimäus) ist Jonathan Stroud wieder ein tolles Fantasybuch gelungen, das sicher viele Fans finden wird. *bn* Anita Ruckerbauer
Altersempfehlung: ab 11 Jahren.
Personen: Stroud, Jonathan
Strou
Stroud, Jonathan:
Valley : Tal der Wächter. - München : cbj, 2018. - 492 S.
ISBN 978-3-570-13493-1 fest geb. : EUR 19,50
Kinderbücher für Kinder zwischen 9 und 12 Jahren - Buch