Kolumbianisches Familiendrama über eine von starken Verlustängsten geprägte Kindheit.
Rezension
Ein Zimmerpflanzendschungel durchwuchert die Maisonettewohnung, in der die achtjährige Claudia mit ihren Eltern lebt - eine Mittelschichtfamilie in der kolumbianischen Großstadt Cali Anfang der 1980er Jahre. Claudia fühlt sich geborgen zwischen ihren grünen Mitbewohnern; einzig der Blick von der Galerie des Obergeschosses in den Abgrund unter ihr lässt sie schaudern. Schon hier ist der Schrecken spürbar, der sich durch Claudias Kindheit zieht. Ihre heile Familienwelt zerbricht, als das Verhältnis ihrer Mutter mit derem Schwager offenbar wird und ihr scheinbar sanfter Vater sich für Claudia in ein Monster verwandelt. Ihre Mutter verfällt dem Alkohol, vernachlässigt ihre Tochter und lebt ihre Todessehnsucht aus. Innere und äußere Abgründe ängstigen Claudia und ziehen sie doch sogartig an. Aus der Perspektive der überaus reflektierten Claudia beschreibt die preisgekrönte kolumbianische Autorin die Düsternis einer Kindheit in einer an gesellschaftlichen Konventionen zerbrechenden Familie.
Poetisch erzählter Roman voller Abgründe, bunt und verstörend wie das Cover: ein farbenfroher Dschungel, ein gesichtsloses Mädchen und ein Totenschädel - anspruchsvolle Lektüre.Rezensent: Christine Heymer
Personen: Gerhardt, Mayela Quintana, Pilar
Quintana, Pilar:
Abgrund : Roman / Pilar Quintana. Dt. von Mayela Gerhardt. - Berlin : Aufbau, 2022. - 245 S. ; 22 cm. - Aus d. kolumbian. Span.
ISBN 978-3-351-03968-4 geb. : EUR 22.00
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Qui - Buch