Reflexion eines Sohnes über das Sterben des Vaters, später der Mutter. Zwischen 2014 und 2022, Lateinamerika & USA.
Rezension
García beschreibt die letzten Zeiten seines Vaters, durch Demenz und Eintritt ins Sterben gekennzeichnet. Er zeigt uns eine ambivalente Schwere, die wir als Menschen nötig haben, als Sterbende und Begleitende. Sie tritt zutage in Garcías Rolle – der dem Vater gegenüber etwas Väterliches bekommt, seine Rolle als Sohn verschwimmt durch die Demenz. Bei Gabo, der diesen „beschaulichen Fluss“ ohne Ruder, aber mit seinem Geschick im Gepäck entlangtreibt. Und in der Mutter, die trotz lebenslanger Ängste erstaunliche Klarheit besitzt, sich gegen Biopsie und die Witwenrolle entscheidet. Auch wenn Márquez die intellektualisierte Symbolsuche ablehnte, sein Sohn zeigt ihn uns auch als Brücke in eine andere Welt kolumbianischer Kindheiten und der Absage eurozentristischer Deutungsmacht. Vor allem vor dem Hintergrund des Sterbens der Mutter in einer durchdigitalisierten Welt wird dies für uns europäische Lesende ein wichtiger Hinweis.
Das „Haltet euch fern von offenen Fenstern“ wird zum „Haltet euch fern vom Krankenhaus“. Hier existiert der Tod nicht nur als Fehlen von etwas.
Rezensent: Jule Zemke
Personen: García, Rodrigo Link, Elke
García, Rodrigo:
Abschied von Gabo und Mercedes : Erinnerungen an meinen Vater Gabriel García Márquez / Rodrigo García. Dt. von Elke Link. - Köln : Kiepenheuer & Witsch, 2024. - 165 S. : Ill. ; 20 cm. -
ISBN 978-3-462-00305-5
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher