Regisseur und Filmproduzent Hark Bohm schreibt in „Amrum“ eindrucksvoll über seine Kindheit auf der Insel im Kriegsendejahr 1945.
Rezension
Man sieht die Weite, man fühlt den immerwährenden Wind und hört den hohen Ton des Austernfischers. Obwohl im Zentrum von Hark Bohms Romandebüt „Amrum“ der 12jährige Nanning steht, ist es doch die Insel, die hier die Hauptrolle spielt. Unbeeindruckt von den Menschen herrschen hier die Gezeiten und Naturgesetze und mit denen kennt sich Nanning bestens aus. Nur die Menschen machen ihm zu schaffen: Seine Mutter ist nach der Geburt des vierten Kindes „verrückt“ und schmachtet nach Butter, Honig und Weißbrot. Vorher bringt sie aber noch die Bäuerin Tessa Bendixen - für die Nanning arbeitet - und ihn selbst in Schwierigkeiten, weil sie dem Ortsgruppenleiter berichtet, dass Tessa meint, „Hitlers-Scheißkrieg“ sei eh bald zu Ende. Auch Nannings abwesender Vater ist ein Nazi und wie seine Mutter Akademiker. Er kann kein Schwein einfangen wie Nannings Freund Hermann oder Opa Arjan, eine Peinlichkeit für Nanning. Als Rechtfertigung und um die eigene Scham zu besänftigen, zeigt er Hermann die Bücher aus der Feder des Vaters. Es sind diese Spannungsfelder, zwischen denen sich der träumerische und doch so tatkräftige Junge bewegt, bewegen muss: zwischen Bauern – und Akademikertum, zwischen echten Amrumern und Zugezogenen zwischen Nazis und Regimegegnern, auch in der eigenen Familie.
Ein packendes, ein anrührendes, wunderbar geschriebenes Buch mit einem Helden, den man schnell ins Leser:innenherz schließt. Das Buch wird gerade von Fatih Akin verfilmt.Rezensent: Marie Varela
Personen: Bohm, Hark Winkler, Philipp
Bohm, Hark:
Amrum : Roman / Hark Bohm u. Philipp Winkler. - Berlin : Ullstein, 2024. - 300 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-550-20269-8
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher