Der siebzehnjährige Stephen hat ein schreckliches Geheimnis: An einem geheimen Ort hält er das „Beast“ versteckt. Ein Untier, das wächst und wächst und das die Gitter des maroden Käfigs sprengen wird, wenn Stephen es nicht tötet.
Rezension
Seit drei Jahren lebt der siebzehnjährige Stephen als Pflegesohn bei der Familie Reynolds. Es ist seine letzte Station und seine letzte Chance, sich zu fangen und noch irgendetwas aus seinem verkorksten Leben zu machen. Danach droht ihm der Absturz ins Bodenlose…
Erpressung und Diebstahl, Brandstiftung und Betrug - die Liste der Vergehen, derer sich Stephen in seinem bisherigen Leben schuldig gemacht hat, ist lang und sein Ruf als „schwieriger Junge“ perfekt. Nun hat er in vier Wochen bei seiner Pflegefamilie auszuziehen. Die Fürsorge endet und Stephen muss sehen, wie er in Zukunft alleine zurechtkommt. Stephen gerät unter enormen Druck. Nicht nur, dass ihm vor dem Leben alleine graut, vor allem weiß er nicht, wie er das Problem mit seinem „Kleinen“ lösen soll. Dieser „Kleine“ ist ein Krokodil, das ihm sein Vater geschenkt hat, als Stephen elf Jahre alt war. Aus dem damals halbtoten, illegal eingeführten kleinen Krokodil ist mit der Zeit ein riesiges Untier geworden, das von dem Jungen in einem maroden Käfig an einem abgelegenen Stausee versteckt wird. Stephen fühlt sich für das „Beast“ verantwortlich und weiß doch, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das Untier ausbrechen wird.
Das riesige Krokodil wird zu seinem Gegner. Es verfolgt Stephen in seine Albträume und er ist davon überzeugt, dass es ihn töten wird. Seelenlos und kalt glotzt es ihn durch die Gitterstäbe an und wartet auf den Moment, wo es zuschnappen kann. Stephen beschließt, das „Beast“ zu töten.
Von seinem Vater, einem heruntergekommenen Alkoholiker, der die Mutter in den Wahnsinn getrieben hat, erhofft er sich vergeblich Hilfe. Und ansonsten wagt Stephen es nicht, sich jemandem anzuvertrauen. Erst durch die Freundschaft zu Eric, der ihm in seiner Metallwerkstatt Arbeit gibt, und die sich anbahnende Liebe zu Carol, der Tochter seiner Pflegeeltern, gelingt es Stephen, das Untier zu besiegen und seinen eigenen Käfig zu sprengen.
Ally Kennen ist mit ihrem 2006 im englischen Original erschienenen Erstlingswerk ein ungemein spannender Roman gelungen, der seine Leserinnen und Leser von Beginn an in Atem hält. Sie selbst stammt aus einer Familie, die immer wieder Pflegekinder bei sich aufnahm. Vielleicht ist es dieser biografische Hintergrund, der es der Autorin ermöglicht, den ungleichen und mörderischen Kampf, den ein Jugendlicher wie Stephen gegen seine Herkunft und seine Lebensbedingungen zu kämpfen hat, so einfühlsam zu beschreiben. Ironisch und intelligent, makaber und zugleich moralisch, mit viel Spannung und britischem Humor erzählt sie die Geschichte einer schwierigen Befreiung, die ganz besonders männliche jugendliche und erwachsene Leser in ihren Bann ziehen wird.
Rezensent: Erhard Reschke
Personen: Kennen, Ally Orgaß, Katharina Jung, Gerald
Kennen, Ally:
Beast / Ally Kennen. Dt. von Katharina Orgaß und Gerald Jung. - 1. Aufl. - Hildesheim : Gerstenberg, 2007. - 228 S. ; 21 cm. -
ISBN 978-3-8067-5141-3
Erzählungen (ab 13 Jahre) - Signatur: Ju 3 - Bücher