Eine Kindheitsgeschichte aus Russland: Sascha, der bei der keifenden Großmutter aufwächst, sucht nach dem Glück.
Rezension
Es ist der erste Roman, den Sanajew vorlegt, und gleich ein großartiger. Schön ist er nicht, aber brillant erzählt, die tragikomische Geschichte des kleinen Sascha, der bei seiner Großmutter aufwächst, die die Mutter daran hindert, ihr Kind öfter als zwei Stunden im Monat zu sehen. Mitreißend schildert der Autor die fast perverse Bindung der Großmutter, einer vom Leben enttäuschten, nörgelnden Frau, an den Enkel, dem sie stündlich – ebenso wie dem Großvater – keifend klarmacht, dass er nichts als „Scheiße“ ist und ihr permanente Opfer abverlangt. Gleichzeitig klammert sie sich krankhaft an das Kind, redet ihm unheilbare Krankheiten ein, kocht ungenießbare Kräutertees, isoliert ihn von der Schule, nennt ihn „behinderter Idiot“, spielt mit seiner Angst vor dem (aus ihrer Sicht) bevorstehenden Tod. Doch Sascha lebt weiter hoffnungsvoll zwischen „Leben“ (Großmutter) und „Glück“ (Mutter), nennt seine Mutter liebevoll „Flittchen“, ein Kosewort, wie er meint, das die ganze Sehnsucht zu ihr zum Ausdruck bringt. - Der Autor erzählt die Geschichte mit glücklichem Ausgang – dem Tod der Großmutter –, grotesk überzeichnet und dadurch für den Leser erträglicher. Auch wenn hier von großen Emotionen die Rede ist, wird die Geschichte an keiner Stelle sentimental. Bis zum Schluss bangt der Leser um das Glück des Jungen, und auch als es am Ende kommt, ist es bewegend und anrührend bitter zugleich: Hinter der Fußleiste will er begraben werden, damit er dort weiter bei der Mutter sein darf.
Rezensent: Jan van Nahl
Personen: Sanajew, Pawel Wodin, Natascha
Sanajew, Pawel:
Begrabt mich hinter der Fussleiste : Roman / Pawel Sanajew. Dt. von Natascha Wodin. - 1. Aufl. - München : Antje Kunstmann, 2007. - 237 S. ; 21 cm. -
ISBN 978-3-88897-464-9
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher