Perspektiv- und Hilflosigkeit treiben einen 18-Jährigen ins neonazistische Milieu.
Rezension
Eigentlich ist Rick nur einer von vielen ostdeutschen Jugendlichen ohne Zukunft. Von den Brutalos, die immer vor dem Supermarkt abhängen, wird er regelmäßig malträtiert. Doch eines Tages schlagen ihm die Gang und der streng gescheitelte Pascal einen Deal vor: Rick bekommt eine Lehrstelle; er soll dafür bloß ein Paket in den jüdischen Kindergarten bringenà Jakob Arjouni lässt seinen Antihelden selbst berichten und umgeht dabei ein sonst allzu beliebtes Klischee. Rick ist nicht nur Opfer, sondern auch Verantwortlicher, er wird nicht erst im Nachhinein geläutert, sondern beschreitet wissentlich einen gefährlichen Weg. Die Schuld an den tragischen Ereignissen der Geschichte verteilt sich indes auf viele; mehr noch als die fehlgeleiteten Jugendlichen wird die Region vorgeführt: Sie bietet weder Perspektive noch Hilfe. Zwei Jahrzehnte nach der Überwindung des Sozialismus bleibt Rick am Ende nur eine verbliebene DDR-Kettensäge, um den Nazis im Alleingang den Garaus zu machen.
Der empfehlenswerte Roman lässt sich leicht lesen, doch ist die mokant-lakonische Sprache vieler erschütternder Szenen für jugendliche Leser schwer verdaulich.Rezensent: Jonathan Horstmann
Personen: Arjouni, Jakob
Arjouni, Jakob:
Cherryman jagt Mr. White : Roman / Jakob Arjouni. - Zürich : Diogenes, 2011. - 167 S. ; 19 cm
ISBN 978-3-257-06755-2 geb. : EUR 19.90
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