Augustin nennt seinen Text 'Protokoll' es ist jedoch das skurrile Plädoyer eines Strafverteidigers vor Gericht.
Rezension
Tobias Knopp, Wilhelm Busch läßt grüßen, steht vor Gericht, weil er seinen Neurologen und Gehirnchirurgen mit einer Axt erschlagen hat. Nicht nur weil dieser durch einen Kunstfehler ihm den Sehnerv durchtrennt, sondern durch den Vorwurf, Knopp sei ein Simulant, ihm auch noch die Ehre genommen hat. Dadurch gerät der Fall in den Bereich eines moralischen Dilemmas von Kohlhaas'schen Dimensionen. Die anwaltlichen Schilderungen der ärztlichen Klinikhierarchien, professoraler Selbstgerechtigkeit und der Zurschaustellung des Patienten im Hörsaal vor johlenden Studenten erreichen kafkaeske Kraft und ihre Einbettung in das gerichtliche Prozedere des Prozesses ironisieren gleich das Rechtssystem mit. Der Leser bekommt aber nur das Protokoll des Plädoyers zu sehen und damit die Sicht eines überforderten Verteidigers präsentiert. Die so entstehenden Verkürzungen ergeben ein geistreiches Potpourri ironischer und sarkastischer Einfälle, das die Lektüre zu einer vergnüglichen Erfahrung macht.
Ein anspielungsreiches kurzes Buch für Leser mit großer Erfahrung und Sinn für Gesellschaftskritik.Rezensent: Hans-Wolfgang Schaller
Personen: Augustin, Ernst
Augustin, Ernst:
Das Monster von Neuhausen : Ein Protokoll / Ernst Augustin. - München : Beck, 2015. - 116 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-406-67484-6 geb. : EUR 16.95
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Buch