Die Familiengeschichte Salims zwischen dem Sultanat Sansibar/heute Tansania und Großbritannien erzählt von Einsamkeit und Verrat.
Rezension
Der siebenjährige Salim versteht nicht, warum der Vater die Familie abrupt verlässt und fortan allein in einem Hinterzimmer lebt, wohin ihm der Sohn täglich Essen bringt. Einzige männliche Bezugsperson ist nun sein Onkel Amir, der über alles geliebte Bruder der Mutter, der nach diversen Karriereplänen tatsächlich über ein Studium in London eine Diplomatenlaufbahn beginnt. Im Einverständnis mit der Mutter beordert er den halbwüchsigen Salim nach England, wo er Ökonomie studieren soll. Salim zieht es dagegen zur Literatur, er löst sich unter großen Mühen vom reichen Onkel und seiner Familie und arbeitet und studiert. Erst nach dem Tod der Mutter, mit der er durch viele (nicht immer ehrliche) Briefe verbunden bleibt, schafft er es, in seine Heimat zurückzukehren und seinen Vater zur Rede zu stellen. So erhellt sich die Familiengeschichte aus der Sicht des im Islam erzogenen Vaters, der die politische Entwicklung im Sultanat Sansibar bis zur Unabhängigkeit nachzeichnet und dabei Einblick in die multikulturelle Realität in Ostafrika und die kolonialen Einflüsse gewährt.
Für politisch Interessierte, die über den Tellerrand der europäischen Weltsicht hinauslesen wollen. Eindrucksvoll und dabei leicht lesbar aus der Perspektive eines vielfältig gebildeten Ostafrikaners.Rezensent: Gabriele Kassenbrock
Personen: Gurnah, Abdulrazak Bonné, Eva
Gurnah, Abdulrazak:
Das versteinerte Herz : Roman / Abdulrazak Gurnah. Dt. von Eva Bonné. - München : Penguin, 2024. - 359 S. ; 22 cm. -
ISBN 978-3-328-60267-5
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher