Erinnerungen an Onkel J. und das bundesdeutsche Leben der 60er Jahre in der hessischen Provinz.
Rezension
Onkel J. ist erwachsen und lebt noch bei seiner Mutter. Onkel J. wäscht sich nicht, weshalb man ihm ein Zimmer im Keller eingerichtet hat. Onkel J. ist der Sohn eines wichtigen Vaters und arbeitet doch nur als Paketschlepper bei der Post. Onkel J. „ist ein Idiot“. Er gerät oft in Wut, gewalttätig jedoch wird er nur im Wunschtraum. Sein Neffe, der Ich-Erzähler schildert Onkel J. zunächst mit Abscheu, dann mit zunehmender Sympathie. Denn es geht um einen Menschen, der in seiner Kindheit oft verprügelt und im Alter geflissentlich übersehen oder ausgenutzt wird. Aber wenn er seinen alten VW-Variant fährt, ist alle Unbill vergessen! „Das Zimmer“ spielt in den 60er Jahren, deren anschauliche Schilderung umso mehr erstaunt, als der Autor sie nicht erlebt hat. Andreas Maier findet einen subtilen Ton zwischen Tragik und Spott. Ein assoziativer Erzählduktus, der seine Ironie nicht selten aus Wiederholungen schöpft, lässt Anklänge an Thomas Bernhard nicht übersehen.
Eine ebenso unterhaltsame wie bitter-komische Darstellung, in der Onkel J. viel menschlicher wirkt, als seine normale Umgebung. Sollte in keiner Bücherei fehlen!Rezensent: Barbara von Korff-Schmising
Personen: Maier, Andreas
Maier, Andreas:
Das Zimmer : Roman / Andreas Maier. - 1. Aufl. - Frankfurt am Main : Suhrkamp, 2011. - 203 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-518-42174-1
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher