Obwohl zwischen der mittlerweile erwachsenen Sarah Schwardt (geb. Ljungcrantz) und Astrid Lindgren das einvernehmliche Einverständnis herrschte, diesen Briefwechsel nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen, geschieht dies nun posthum – jedoch mit der Einwilligung der Erbengemeinschaft Saltkråkan AB.
Rezension
Auslöser für diesen Entschluss war die Bitte der jahrelangen Lindgren-Vertrauten und Nachlassverwalterin des Astrid Lindgren-Archivs Lena Törnqvist, die bei der Ordnung der Lindgren‘schen Korrespondenz auf den Briefwechsel gestoßen ist. Dabei stellte die Einwilligung seitens Sara Schwardt einen mutigen Entschluss dar, wird sie doch von Törnqvist als „ein verwirrter und unglücklicher Teenager“ beschrieben. Ob dabei nicht auch vielleicht monitäre Beweggründe eine Rolle gespielt haben, soll an dieser Stelle unkommentiert gelassen werden. Die in Deutschland extra dafür anberaumten Lesereisen und Interviews mit Sara Schwardt lassen darauf schließen. Törnqvist jedenfalls beschreibt den über 80 Schriftstücken umfassenden Briefwechsel zwischen den „trotz des Altersunterschieds von fünfzig Jahren“ als ebenbürtig anzusehenden Personen als eine Korrespondenz zwischen zwei „verwandten Seelen“.
Dieser Briefwechsel unterstreicht noch einmal, dass es sich bei Astrid Lindgren um einen warmherzigen Menschen gehandelt hat. Sie gibt dem orientierungslos und zeitweise von der Realität desillusioniert wirkenden jungen Mädchen wertvolle Tipps für das Leben, ohne dabei jedoch den pädagogischen Zeigefinger zu erheben. Als Sara nämlich beschreibt, wie sie ̶ um Respekt unter ihren Freunden zu erlangen ̶ mit dem Rauchen angefangen hat, antwortet ihr Astrid Lindgren folgendermaßen:
Jetzt, Sara Ljungcrantz, werde ich Dir ein Angebot machen, das kannst Du annehmen oder ablehnen, ganz wie Du möchtest – ich weiß, Du willst, dass niemand über Dich bestimmt, und ich bestimme auch nichts, ich mache Dir nun folgendes Angebot: Wenn Du am Tag Deines Zwanzigsten Geburtstages Nichtraucherin bist, wenn du bis dahin überhaupt nicht geraucht hast, bekommst Du von mir als Geburtstagsgeschenk (wenn ich dann lebe) 1000 Kronen oder das, was dann dem Geldwert von heutigen 1000 Kronen entspricht. Denn Du musst wissen, wenn es etwas auf der Welt gibt, was ich Dir ersparen will, dann dies: Raucher zu werden. Ich habe so viele Menschen getroffen, die blutige Tränen vergießen, weil es Ihnen nicht gelingt, mit dem Rauchen aufzuhören, und die die Stunde verfluchen, in der sie damit angefangen haben.“
Die Kinderbuchautorin nimmt Saras Ängste und Sorgen ernst und berät ihre Brieffreundin, die sie in Anlehnung an das Buch Mio, mein Mio oftmals mit „Sara, meine Sara“ anredet, auf Augenhöhe in allen erdenklichen Lebenslagen. Dabei mag es den Leser zunächst verwundern, dass Astrid Lindgren dem Mädchen nach dem ersten Brief überhaupt antwortet, übt sie doch in diesem vehemente Kritik an der Auswahl der in ihren Augen sehr schlechten Schauspieler/innen jedweder Besetzung der bis dato verfilmten Kinderbücher der Autorin. Nur um den Brief mit der Bitte abzuschließen, dass Astrid Lindgren ja genügend Einfluss hätte, sie für die Hauptrolle der Fideli in dem Film „Der weiße Stein“ vorzuschlagen:
„BITTE; BITTE; LIEBE ASTRID LINDGREN: ICH WÜRDE DICHT NICHT UM SO ETWAS BITTEN; WENN ES NICHT SO UNENDLICH VIEL FÜR MICH BEDEUTEN WÜRDE: ICH BITTE DICH; ALLES; WAS IN EINER MACHT STEHT; ZU TUN; DAMIT ICH PROBEAUFNAHMEN MACHEN DARF; OBWOHL ICH ZWÖLF JAHRE ALT BIN: ICH WEISS; DASS DU EINFLUSS HAST.
Rezensent: Inger Lison
Personen: Lindgren, Astrid Schwardt, Sara Kicherer, Brigitta
Lindgren, Astrid:
Deine Briefe lege ich unter die Matratze : Ein Briefwechsel 1971-2002 / Astrid Lindgren und Sara Schwardt. Dt. von Brigitta Kicherer. - Hamburg : Oetinger, 2015. - 240 S. : Ill. ; 20 cm. -
ISBN 978-3-7891-2943-8
Sammelbiografien, Briefsammlungen - Signatur: Ba - Bücher