Die seltsame und verstörende Welt der Pubertät zwischen naiver Kindheit und dem Ernst des Erwachsenenlebens wird als besonderer Lebensabschnitt erfahren.
Rezension
Jason Taylor ist sich selbst ein Rätsel. Sensibel, aufmerksam, sich selbst beobachtend, schreibt er heimlich Gedichte, die sogar im Pfarrblättchen anonym gedruckt werden. 1982 durchlebt er die schlimme Phase der Pubertät, sucht in der Schule Anerkennung in Geheimbünden von Jungs und hofft, dass sein gelegentliches Stottern nicht auffällt. Er möchte ‚cool’ sein, dazu gehören. Deshalb kämpft er mit seiner Behinderung, ist zusätzlich belastet durch die ehelichen Probleme der Eltern, auch durch ein gespanntes Verhältnis zur älteren Schwester und verstört von den ersten erotischen Erregungen. - Der ausschließlich aus der Perspektive von Jason erzählte Roman trifft auch in der glänzenden Übersetzung den Jugendjargon, mischt emotionale Betroffenheit mit flapsigen Klischees und macht deutlich, wie sehr sich in dem Alter noch märchenhaft naive Vorstellungen mit realistischen Ahnungen mischen. Die Mutprobe zur Aufnahme in eine Jugendgang wird so zur moralischen Herausforderung, und auf diese Weise gerät der Übergang in die Erwachsenenwelt auch zu einer Initiation in die Eigenverantwortung. Diese spezielle Pubertät erhält ihre Authentizität durch die historische Verankerung in einem England, das sich selbst in einem Übergang befindet. Noch ist die Last des untergegangenen Kolonialreichs zu spüren, der Sieg über Nazi-Deutschland dient noch immer der Selbstvergewisserung, und der Falklandkrieg wirkt trotz der unmittelbar persönlichen Auswirkungen wie eine trotzige Bestätigung einstiger Größe. Das Leben, lernt Jason, ist eine schwierige und ambivalente Angelegenheit.
Ein großartiger Roman, der die schwierige Zeit der Pubertät dem Leser konkret fassbar macht und Verständnis für längst vergessene emotionale Turbulenzen anmahnt.Rezensent: Hans-Wolfgang Schaller
Personen: Mitchell, David Oldenburg, Volker
Mitchell, David:
Der dreizehnte Monat : Roman / David Mitchell. Dt. von Volker Oldenburg. - 1. Aufl. - Reinbek : Rowohlt, 2007. - 493 S. ; 21 cm. -
ISBN 978-3-498-04504-3
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher