Eine alte Frau erzählt ihre an Höhen und Tiefen reiche Lebensgeschichte ihrer Nichte, um sie von einer unüberlegten Heirat abzubringen.
Rezension
Teheran in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Die Erzählerin, einst ein umsorgtes 15-Jähriges Mädchen aus bester Familie, rebelliert gegen alle Konventionen und heiratet einen ungebildeten Nichtsnutz. Nach kurzer Zeit des Glücks zeigt er seine Charakterschwächen, und eine Tragödie beginnt. Die Autorin schachtelt die Geschichte in eine Rahmenhandlung und kann sich daher, einer geradlinigen Erzählweise folgend, den mündlichen Sprachduktus zunutze machen; sehr lebendig mit vielen Dialogen, farbigen Milieuschilderungen, spannendem Handlungsaufbau und rührenden Selbstreflexion. Standesunterschiede, Familienstrukturen, Erziehungs- und Bildungsvorstellungen werden deutlich. Sie sieht die Liebe als einen langen geduldigen Prozess der Annäherung, nicht als Rausch jugendlicher Verliebtheit. Die Frage bleibt offen, ob die ältere Generation die jüngere davor bewahren kann, die gleichen leidvollen Erfahrungen zu machen. – Leider sind Wortspiele, wie das mit dem Namen der Protagonistin, nicht ins Deutsche übertragbar; aber bis auf kleine Unebenheiten ist eine flüssige Übersetzung entstanden.
Der Roman gibt einen guten Einblick in die bürgerliche Welt des Iran zu Mitte des 20. Jh. Sehr empfehlenswert auch für kleine Büchereien. - 01/192Rezensent: Lieselotte Diepholz
Personen: Javadi, Fattaneh Haj Seyed Baghestani, Susanne
Javadi, Fattaneh Haj Seyed:
Der Morgen der Trunkenheit : Roman / Fattaneh Haj Seyed Javadi. Dt von Susanne Baghestani. - 1. Aufl. - Frankfurt am Main : Insel
, 2000. - 414 S. ; 21 cm. -
ISBN 3-458-17030-8
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher