Briefträger Girifalco vertreibt sich seine Zeit damit, anderer Leute Briefe zu lesen und ein wenig Schicksal zu spielen.
Rezension
Süditalien um 1969. Postbote Girifalco hätte durchaus Chancen bei den heiratsfähigen Damen in seinem verschlafenen Dörfchen. Er zieht die Liebe aus der Ferne vor, heißt sie nun Teresa, Carmela oder Rosa. Um nicht ganz zu vereinsamen, öffnet er die Briefe an seine Mitmenschen, kopiert sie in der jeweiligen Handschrift und legt ein privates Archiv an. Er ist also immer über alles informiert. Da der heimliche Philosoph und melancholische Einzelgänger gerne Schicksal spielt, schreibt er z.B. Liebesbriefe um, erfindet Nachrichten an eine einsame Mutter oder greift im Verborgenen in die Kommunalwahlen ein. Plötzlich taucht ein mysteriöser Brief auf. Girifalcos Leben und das einiger Mitmenschen wird gehörig erschüttert. Es sind die leisen Töne, die diesen berührenden Roman lesenswert machen. Eine einsame Kreatur klinkt sich in die Sehnsüchte und Ängste der anderen ein und bringt die Herzen der Leser, auch durch seine philosophischen und poetischen Gedanken, nicht nur einmal zum Schwingen.
Ab mittleren Beständen und für Leser, die sich viel Muße beim Lesen nehmen, um das beschauliche Tempo des Romans genießen können.Rezensent: Martina Mattes
Personen: Dara, Domenico Mehrmann, Anja
Dara, Domenico:
Der Postbote von Girifalco : oder Eine kurze Geschichte über den Zufall. Roman / Domenico Dara. Dt. von Anja Mehrmann. - Köln : Kiepenheuer & Witsch, 2019. - 477 S. ; 21 cm. -
ISBN 978-3-462-05171-1
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher