Boschwitz, Ulrich Alexander
Der Reisende Roman
Bücher

1938 nach Pogromen verfasst, nun erstmals publiziert: Judenfeindlichkeit im Alltag aus Sicht eines jüdischen Reisenden.


Rezension

Verfasst im Exil 1938, jetzt erstmals in Deutschland veröffentlicht: Autor ist ein 23-jähriger deutscher Jude, auf einem britischen Schiff 1942 von Deutschen versenkt. Das Unmittelbare ist hier das Bemerkenswerte. Boschwitz beobachtet 1938 genau, wie „normal“ bereits das Denken und Handeln gegenüber Deutschen jüdischen Glaubens ist: Ob grober Hauskäufer, der die Notlage ausnutzt, aber sich zusammenschlagen lässt, als Otto Silbermann nach den Pogromen 1938 abgeholt werden soll, die Nachbarin, die zur Gewissensberuhigung feststellt „Ihnen wird man niemals etwas tun“ oder der Hotelleiter, der verlegen den Stammgast rausschmeißt – Boschwitz charakterisiert viele, auch Juden. Silbermann muss sein Geschäft dem erpresserischen „arischen“ Prokuristen und Weltkriegs-Kameraden, überlassen. Die „arische“ Ehefrau ist in Sicherheit, der Sohn in Paris kann keine Visa besorgen. Silbermann reist pausenlos wie ein Gejagter im Zug durchs Land. Der Leser spürt die Verzweiflung.

Hervorragendes Zeitdokument und hervorragende Literatur.

Rezensent: Delia Ehrenheim-Schmidt


Personen: Boschwitz, Ulrich Alexander Graf, Peter

Schlagwörter: Literatur Judenverfolgung Drittes Reich

Boschwitz, Ulrich Alexander:
Der Reisende : Roman / Ulrich Alexander Boschwitz. Hg. und mit einem Nachwort von Peter Graf. - Stuttgart : Klett-Cotta, 2018. - 301 S. ; 20 cm
ISBN 978-3-608-98123-0

Zugangsnummer: 38425
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher