Ein junger Mann vertieft sich in die Kriegs-Fotoalben seines Großonkels aus dem Ersten Weltkrieg. Und je mehr er sich fragt, wie dieser der Hölle unversehrt entkommen konnte, umso tiefer gerät er selbst hinein.
Rezension
Seine „Erinnerung habe er längst gegen das Vorstellungsvermögen“ eingetauscht. Das ist viel mächtiger und unterhaltsamer. So der Standpunkt des 1964 geborenen Autors, der früher als als Journalist und Dokumentarfilmer arbeitete und der jetzt freier Schriftsteller ist. - Poschenrieder erzählt in zwei Handlungssträngen: Aus der Sicht des Mannes in seiner ganz persönlichen Lebenskrise – und aus der Sicht des Großonkels: Ein Großneffe des jüdischen Offiziers Ismar Manneberg erzählt die Geschichte seines Onkels aus dem Ersten Weltkrieg, sagt auch, dass dieser nach dem Zweiten Weltkrieg „in einer anderen Uniform zurückgekehrt sei.“ In den Kriegsfotoalben von 1915 findet der Neffe neben Bildern von der französischen Front auch ein unscharfes Foto eines „Spiegelkastens“. Der Feldarzt erklärt ihm dessen Funktion: Amputierten Soldaten verschafft er mit der Anwendung des „Spiegelkastens“ die Erfahrung, „dass was man glaubt zu sehen, ist wirklicher als das, was man sieht.“ - Spannend ist auch die Geschichte eines Briefes aus dem Schützengraben, den Manneberg an ein fiktives Fräulein Müller nach München schreibt.
Ein brillant komponiertes Leseerlebnis, geschrieben in herausragender Prosa.Rezensent: Christine Razum
Personen: Poschenrieder, Christoph
Poschenrieder, Christoph:
Der Spiegelkasten : Roman / Christoph Poschenrieder. - 1. Aufl. - Zürich : Diogenes, 2011. - 223 S. ; 18 cm
ISBN 978-3-257-06788-0
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher