Boetius, Henning
Der Strandläufer Roman
Bücher

Zur Überwindung einer Schreibkrise reist der Schriftsteller Henning Boysen in die Vergangenheit seiner Eltern-Sohn-Erinnerungen.


Rezension

Der erfolgreiche Schriftsteller Henning Boysen, das Alter Ego des Autors, zieht sich in die malerische Kulisse einer italienischen Stadt am Meer zurück, um einen Piratenroman zu schreiben. Doch er erlebt eine massive Blockade. Boysen gerät erst in Bewegung, als ihm sein Freund Luigi, der seinen Lebensunter- und inhalt durch das Sammeln von Strandgut bestreitet, erklärt, dass auch er zum Strandläufer werden muss. „Entdecke das Meer in dir und sammle auf, was es aus der Tiefe deines Daseins anspült“. Es beginnt eine tiefe Sohneserzählung: Boysen reist zu seinem sterbenden Vater Edmund (man kennt diesen kantigen Seemann bereits aus Boetius’ letztem Roman „Phönix aus Asche“) und stellt sich seinen Kindheitserinnerungen. Der meist abwesende, ersehnte Vater. Die enge, manipulative Beziehung zur Mutter. Die Szenen im Heimatort, beim Vater im Pflegeheim, im leer stehenden Elternhaus, gehören zu den Höhepunkten des Romans. Weniger geglückt ist die fast schon kitschig anmutende Szenerie im italienischen Fischerdörfchen und die eingeflochtene, durchaus entbehrliche Liebesgeschichte mit der exzentrischen Dorfschönen als Muse. Interessant, wenn auch wiederum etwas bemüht, die Verflechtung mit Guglielmo Marconi, dem Pionier der drahtlosen Telekommunikation, der bei Boetius zum „Pirat des Äthers“ und Helden des neuen Romans von Henning Boysen werden wird. Der Physiker dient nur als Folie, von Charakterstudie kann nicht die Rede sein.

Dieser, reich mit selbstbiographischen Elementen versehene Roman, wird kaum an den Erfolg von „Phönix aus Asche“ anschließen können.

Rezensent: Katharina Katz

Personen: Boetius, Henning

Boetius, Henning:
Der Strandläufer : Roman / Henning Boetius. - 1. Aufl. - München : btb, 2006. - 334 S. ; 22 cm
ISBN 3-442-75151-9

Zugangsnummer: 20505
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher