Begründung für die Nicht-Empfehlung

Das zwölf Seiten umfassende Kinderbilderbuch erschien im Februar 2009 als deutsche Lizenzausgabe des amerikanischen Verlags Reader's Digest Childrens Books. Von der stabilen Ausstattung her (formgestanzte Sonderausstattung mit dicken Pappseiten) ist es offenbar für Kinder ab 3 Jahren konzipiert.

Die Textverfasserin Lori Froeb ( als Kinderbuchautorin und Redakteurin in USA lebend)
legt nach einer Veröffentlichung zum Thema Schöpfung ihr zweites religiöses Kinderbilderbuch vor. Sie wählt die in der Kinder- und Jugendliteratur schon sehr oft behandelte alttestamentliche Legende der Sintflut als Textvorlage aus.

Die in der Schweiz lebende Illustratorin Luana Rinaldo liefert dazu die Bilder. Ihre Art der stilisierten Abbildung von Tieren (und Menschen) findet auch als Applikation Verwendung in der Kleinkindmodebranche einer Reihe bekannter Marken.

Der alttestamentliche Text aus Genesis 6,5 - 9,29 ist auf Minimalumfang gekürzt und in seiner Gesamtaussage grundlegend verändert worden.

AT-Text (Einheitsübersetzung) Bilderbuchtext
Der Begründung für den Bau der Arche und die Auswahl Noahs wird das gesamte Kap. 6 gewidmet. Vor langer Zeit sprach Gott zu Noah: "Ich schicke eine Flut. Du musst eine Arche bauen, auf der deine Familie und ein Paar von jeder Tierart Platz haben…"
Kap.7,10: Als die sieben Tage vorbei waren, kam das Wasser der Flut über die Erde….An diesem Tag brachen alle Quellen der gewaltigen Urflut auf und die Schleusen des Himmels öffneten sich. Bald darauf fing es an zu regnen. Erst nur ein bisschen, tropf, tropf, tropf. Doch dann krachte der Donner, der Wind blies und es regnete immer stärker.
Kap.7,17: Die Flut auf der Erde dauerte vierzig Tage. Das Wasser stieg und hob die Arche immer höher über die Erde.
Kap. 8,22: So lange die Erde steht, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. 40 Tage und Nächte lang regnete es. Die Tiere verstanden nicht, was passierte, und bekamen Angst. "Fürchtet euch nicht", sagte Noah. "Gott beschützt uns. Uns wird nichts geschehen."

Die auszugsweise Gegenüberstellung mag andeuten, wie aus der biblischen Sintflutgeschichte, die alte Traditionen und wahrscheinlich zwei schriftliche Quellen verarbeitet, ein kindertümliches Geschichtchen wird, um laut Verlagswerbung "am Beispiel der Geschichte der Arche Kinder erfahren zu lassen, wie sehr Gott die Menschen und Tiere liebt". Der Genesis-Text möchte die verhängnisvollen Folgen der Sünde veranschaulichen. Flutgeschichten dieser Art finden sich bei vielen Völkern. Der Bibel am nächsten stehen die babylonischen Sintflutgeschichten, die sich aber durch ein Schweigen über menschliche Schuld von ihr unterscheiden. Auch die alttestamentliche Zusage Gottes an Israel, von nun an auf Strafen dieser Art zu verzichten und einen sichtbaren Bund (Regenbogen) mit den Menschen zu schließen, fehlen in außerbiblischen Texten. Wirft man nun noch einmal einen Blick auf den dürren Bilderbuchtext, wird deutlich, dass der Bibeltext seiner ursprünglichen Aussage beraubt ist zugunsten einer "Gott-behütet-uns-Geschichte". Auch Kindern fallen da schon Fragen ein wie: Warum hat er dann Menschen und Tiere in der Flut umkommen lassen? Wer Kinder (und deren vorlesende Eltern) auf diese Weise mit biblischen Texten konfrontiert, handelt unkorrekt und unverantwortlich, weil einem unkritischen Umgang mit der Bibel Vorschub geleistet wird. Das Verständnis für Flutlegenden ist bei Kleinkindern ab 3 Jahren nicht zu erwarten!

Die Illustration nimmt den größten Raum in dem Büchlein ein und versucht, Menschen, Tiere und Gegenstände simplifizierend darzustellen. Es werden grelle, z.T. unpassende Farben gewählt (lila gefleckte Kuh, blauer Ochse), Tiere tragen anthropomorphe Züge und uniforme Glasperlen-Augen. Noah und seine Söhne scheinen Bartträger zu sein, jedenfalls ist die Hälfte ihres Gesichts mit einem braunen oder grauen stoffähnlichen Farbfleck "verhängt". Die Tiere erinnern an hässliche Kuscheltiere, die Menschen an Plastikfiguren. Die letzte Seite entspricht in ihrer inhaltlichen Darstellung nicht dem Text: Die Taube brauchte eigentlich nicht ausgesandt zu werden, denn alle Tiere samt Noah sind an Deck statt in der Arche.

Es drängt sich die Vermutung auf, dass theologisch gesehen kein Interesse daran besteht, Kinder verantwortungsbewusst in Bibel und Religion einzuführen, sondern - unter dem Deckmantel frühreligiöser (fundamentalistischer?) Erziehung - mit Hilfe der offenbar erfolgreichen Kleinkindmode-Designerin ein flippiges Kleinkindbuch auf den deutschen Markt zu bringen.

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Rezension

Rezensent: Margot Rickers

Personen: Froeb, Lori Rinaldo, Luana