200.000 ermordete kranke oder krank gemachte Menschen. Und kaum Widerstand von deren Familien? Unbequeme Wahrheiten.
Rezension
Aly legt ein Buch vor, an dem er 30 Jahre gearbeitet hat, zu einem Thema, das ihn als Vater einer behinderten Tochter selbst hautnah betrifft. Was ging vor unter dem Deckmantel der Aktion T 4? Wie konnten anerkannte Wissenschaftler, mit System und ohne Kritik aus der Öffentlichkeit fürchten zu müssen, morden? Akribisch trägt der Autor Fakten zusammen. Massenweise Hinweise für die klammheimliche und stillschweigende Billigung des Mordens bei den Angehörigen. Seitenweise Dokumente über das gut begründete System des Ausmerzens der volkswirtschaftlich Schädlichen, der "unnützen Esser". Besonders bedrückend: Aly ermittelt, dass die 200.000 Opfer heute etwa 1 Million lebende direkte Verwandte in unserem Land haben. Und bis zur Stunde gibt es kaum private Nachforschungen nach Angehörigen, deren Ermordung mit einem der standardisierten Todesscheine (Lungenentzündung, Anfall o.ä.) den Familien mitgeteilt wurde. Wie kann das sein? Ist der Ungeist immer noch lebendig?
Für Literaturkreise, engagierte Gemeindeglieder, in der KITA vielleicht im Rahmen eines thematischen Elternabends.Rezensent: Christiane Thiel
Personen: Aly, Götz
Aly, Götz:
Die Belasteten : ›Euthanasie‹ 1939-1945. Eine Gesellschaftsgeschichte / Götz Aly. - Frankfurt am Main : Fischer, 2013. - 348 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-10-000429-1
Geschichte des 20. Jahrhunderts - Signatur: Gg - Bücher