Der schwedische Schriftsteller Sem-Sandberg hat die 3000seitige Chronik des Gettos von Lódz in einen Roman verwandelt.
Rezension
Kann man aus der Hölle Geschichten erzählen? Steve Sem-Sandberg gibt uns Kunde aus einer Welt, in der man Leben nicht für möglich hält. Der jüdische Älteste Rumkowski führt das Getto wie ein schlecht versorgtes Konzentrationslager. Er meint, wenn er die Bewohner hart arbeiten lässt, könne er bei den Deutschen Eindruck machen. Sein Regime ist rücksichtlos. Über das seiner Ansicht nach zu liberal geführte Warschauer Getto macht er sich lustig. Mit zynischen Reden versucht er offenbar immer auch sich selbst zu überzeugen. Wenn es ihm schlecht geht, fährt er in das von ihm gegründete Heim und missbraucht Kinder. Eins davon adoptiert er, um es immer zur Hand zu haben. Zum Schluss wird er mit dem letzten Zug deportiert und stirbt in Auschwitz. Einem Bewohner gelingt es zu fliehen. Er wird versehentlich von den Befreiern erschossen. Wäre die russische Armee 14 Tage eher in Lodz gewesen, wäre Rumkowski als der Held von Lódz in die Geschichte eingegangen, schreibt Sem-Sandberg zum Schluss.
Das Buch ist nicht in drastischer, sondern in zurückhaltend poetischer Sprache geschieben. Es ist nicht leicht zu lesen und auch nicht leicht zu ertragen.Rezensent: Frank Hiddemann
Personen: Sem-Sandberg, Steve
Sem-Sandberg, Steve:
Die Elenden von Lódz : Roman / Steve Sem-Sandberg. Dt. von Gisela Kosubek. - Stuttgart : Klett-Cotta, 2011. - 651 S. ; 22 cm. - Aus d. Schwed.
ISBN 978-3-608-93897-5 geb. : EUR 26.95
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