Eine Ukrainerin will die Biografie eines versehrten Mannes rekonstruieren.
Rezension
Romana behauptet, sie sei die Frau eines Kriegsversehrten aus dem Donbass, der bis zur Unkenntlichkeit entstellt ist. Nach einer Explosion hat er sein Gedächtnis verloren, niemand kennt seinen Namen. Romana beginnt nun, seine Biografie zu rekonstruieren. Aber sind es wirklich seine Erinnerungen oder doch ihre eigenen, die sie dem Vergessen entreißen will? Und welches Recht hat sie, ihn in sein altes Ich zu zerren?
Diese Rekonstruktion hat eine höhere Bedeutung: In ihr spiegelt sich ein gewaltiges Geschichtspanorama der Ukraine, eine Aufarbeitung der Vergangenheit bis hinein in die Stalin-Ära. Romana will ihren Mann seine Erinnerungen zurückgeben und ihn durch ihre Liebe retten – das mag ein Sinnbild sein für die Befindlichkeit der Ukraine. Der schlichte Leser kann da aber vielleicht nur die sprachgewaltige Beschreibung einer Familiengeschichte erkennen, in der niemand frei von Schuld ist und in der es schlecht beleuchtete Ecken gibt.
Rezensent: Volker Dettmar
Personen: Andruchowytsch, Sofia Kratochvil, Alexander Weissenböck, Maria
Andruchowytsch, Sofia:
Die Geschichte von Romana : Amadoka-Epos 1 / Sofia Andruchowytsch. Dt. von Alexander Kratochvil u. Maria Weissenböck. - Salzburg : Residenz, 2023. - 302 S. ; 21 cm. -
ISBN 978-3-7017-1763-7
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher