Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux setzt sich mit einem traumatischen Kindheitserlebnis auseinander.
Rezension
Kurz vor ihrem zwölften Geburtstag sieht Annie, wie ihr Vater ihre Mutter nach einem Streit mit einem Beil bedroht. Erst als die Mutter verzweifelt nach Annie ruft, lässt der Vater von ihr ab. Die Eltern kehren sofort zur Normalität zurück und sprechen nie wieder über diesen Vorfall. Doch Annie ist so erschüttert, dass sie das erlittene Trauma erst 44 Jahre später als erfolgreiche Autorin aufarbeiten kann. Nüchtern seziert sie ihr Leben im Jahre 1952, beschreibt das ärmliche Milieu, in dem sie aufgewachsen ist, die freudlose Kindheit im Haus ihrer Eltern, die eine Kneipe und einen Lebensmittelladen betrieben haben, die streng religiöse Mutter, den schwachen Vater und die Verhältnisse in der katholischen Privatschule, die sie besucht hat. Durch die starren Regeln und Vorgaben hat sie ihre eigenen Gefühle und Träume immer unterdrücken müssen. Darum gelingt es der Autorin auch nicht, dem Mädchen von damals emotional näher zu kommen. Letztendlich bleibt ihr nur die Erkenntnis, dass ihre lebenslang empfundene Scham auf den "Mordversuch" zurückgeht, den sie 1952 miterleben musste.
Ein düsteres, von Corinna Kirchhoff angemessen sachlich gelesenes Hörbuch, das durch seine Milieustudie der 1950er Jahre in Frankreich besticht.Rezensent: Elisabeth Schmitz
Personen: Ernaux, Annie Kirchhoff, Corinna Finck, Sonja
Ernaux, Annie:
Die Scham : Ungekürzte Lesung / Annie Ernaux. Gelesen von Corinna Kirchhoff. Dt. von Sonja Finck. - Berlin : Der Audio Verl., 2022. - 2 CDs ; 153 Min. -
ISBN 978-3-7424-2848-6
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Hörbücher