Leben einer Ezidin zwischen Deutschland und Syrien.
Rezension
Jeden Sommer fährt Leyla mit ihren Eltern von Deutschland zur Familie des Vaters nach Syrien. Während sie anfangs das einfache, fast beschaulich wirkende Leben dort auf dem Land beschreibt und zeigt, wie geschickt gerade Kinder den Spagat zwischen zwei so unterschiedlichen Leben meistern, so dringt sie mit zunehmendem Alter immer weiter in die politische Dimension ihres Lebens vor. Hier nimmt das anfangs etwas träge dahinfließende Buch von Seite zu Seite an Fahrt auf. Der Vater, Mitglied der KP Syriens, musste fliehen und kann nur mittels Bestechung wieder einreisen. Die Familie – ezidische Kurd*innen – ist zunehmenden Bedrohungen durch den syrischen Staatsapparat und islamistische Terrorgruppen ausgesetzt. Die Erzählerin verfolgt panisch den Bürgerkrieg in Syrien und muss erleben, dass dieser ihre deutschen Freund*innen nicht interessiert. Sie ist – abgesehen von ihren Eltern – allein mit den furchtbaren Nachrichten und ihrer Angst um die Familie. Das Buch gibt einen zunehmend erschütternden Einblick in das Leben in Syrien und macht beschämend deutlich, wie wenig man über die politischen Ereignisse und das Leben der ezidischen Kurd*innen in diesem Land weiß.
Rezensent: Wiebke Mandalka
Personen: Othmann, Ronya
Othmann, Ronya:
Die Sommer : Roman / Ronya Othmann. - München : Hanser, 2020. - 284 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-446-26760-2
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher