Der Vater Nationalsozialist, die Tochter Mitglied einer radikalen Kommune. Haben sie etwas gemeinsam?
Rezension
Nach dem Tod ihres Vaters findet Wencke Mühleisen einen alten Brief von ihm, in dem er auf ihr Verständnis für seine nationalsozialistische Gesinnung hofft, da sie in ihrer Kommune ja auch für ihre Überzeugung lebe. Schockiert vergleicht die Autorin im Rückblick die beiden Lebensentwürfe miteinander. Haben sie wirklich etwas gemeinsam, die Wehrmachtskarriere ihres Vaters und ihr Leben in der Kommune des Künstlers Otto Muehl in Wien? Während sie tiefer in die Geschichte ihres Vaters eintaucht, erinnert sich Mühleisen an die neun Jahre Kommunenleben bei Muehl und die zunehmend sektenähnlichen Strukturen der Gemeinschaft. Schonungslos beschreibt sie den Sog der inneren Kreise um Muehl, in die man durch Wohlverhalten schnell aufsteigen, aber ebenso schnell wieder hinausgeworfen werden konnte. Der Glaube an die charismatische Führerfigur Muehl blieb bei ihr trotzdem lange ungebrochen, bis seine Disziplinierungsmaßnahmen ihre kleine Tochter in Gefahr brachten.
Ein packender Einblick in die Mechanismen radikaler Ideologien.Rezensent: Claudia Puschmann
Personen: Mühleisen, Wencke Kall, Sylvia Kronenberger, Ina
Mühleisen, Wencke:
Du lebst ja auch für deine Überzeugung : Mein Vater, Otto Muehl und die Verwandtschaft extremer Ideologien / Wencke Mühleisen. Dt. von Sylvia Kall u. Ina Kronenberger. - Wien : Zsolnay, 2020. - 285 S. ; 21 cm. -
ISBN 978-3-552-05985-6
Soziologie, gesellschaftliche Gruppen, soziale Fragen - Signatur: Sb - Bücher