Der Bankangestellte Peplow fährt an einem frühen Maienmorgen mit dem Zug in die Kleinstadt Great Minden, um dort auf der Kirchweih den Mann zu erschießen, der vor einem Jahr seinen zehnjährigen Sohn totgefahren hat, und um dann sich selbst das Leben zu nehmen.
Rezension
Dem Leser entfaltet der allwissende Erzähler – oft aus der Perspektive seines Protagonisten Peplow – ein britisches Provinzpanorama der Nachkriegszeit, mit all den Konsum- und Aufstiegswünschen des Kleinbürgertums. Peplow trifft - für ihn überraschend – auf die Kriegsveteranen Herbert Ruskin und Ted Bellinger, der erste als Invalide im Rollstuhl, der zweite im Sterben begriffen. Alle drei gehörten im 2. Weltkrieg der gleichen Jagdflugstaffel an. Es ist der Tag der Kirchweih, die das Jahr für die Bewohner in die Zeit vor und nach der Kirchweih teilt.
Der Autor entwickelt wie in einem Drama in vier Akten (Morgen – Nachmittag – Abend – Nacht) einen Tag im Leben seiner Helden, oft im Ton des leicht ironischen understatements. Der in Großbritannien erstmals 1963 erschienene Roman liegt jetzt in deutscher Übersetzung vor und scheint immer noch aktuell: Die Personen, für die Carr einen Spannungsbogen zwischen eigener Vergangenheit und Zukunftswünschen mittels personaler indirekter Rede entfaltet, sind in ihren Schwierigkeiten, Ängsten und Hoffnungen dem jetzigen Zeitgenossen nicht fremd. Im Nachtkapitel, in dem auch die Beziehungen zwischen Peplow, Ruskin und Bellinger geklärt werden, wartet der Autor mit einigen überraschenden Wendungen auf.
Rezensent: Reinhold Zenke
Personen: Carr, J. L. Köpfer, Monika
Carr, J. L.:
Ein Tag im Sommer : Roman / J. L. Carr. Dt. von Monika Köpfer. - Köln : DuMont, 2018. - 300 S.; 21 cm. -
ISBN 978-3-8321-9889-3
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher