In Istanbul begegnet der Protagonist in Vergangenheit und Gegenwart den großen - religiösen - Fragen und sich selbst.
Rezension
Der Engadiner Religionslehrer Cla arbeitet in seinem Stipendium an einer Studie über die Konstantinopel-Mission des Nikolaus von Kues, flieht vor einer überfordernden Beziehung mit seiner Kollegin Alva und taucht mit dem griechisch-türkischen Kellner Baran in der Mannigfaltigkeit von Kulturen, Religionen und Sexualität und damit in die ersehnte Fülle des Lebens ein. Vielschichtig und überwiegend überzeugend sind die Personen und kenntnisreich aufbereiteten Themen am sorgfältig inszenierten Schauplatz Istanbul miteinander verknüpft. Die Sätze sind aus Marmor gemeißelt, die Absätze intelligent gesetzt; die "Entwicklungsgeschichte" Clas wird seismographisch beschrieben - auch die Gestaltung beider Geliebter ist differenziert angelegt, dennoch bleibt eine gewisse Distanz. Es scheint möglich, dass Trennendes - auf allen Ebenen - "aufgehoben" wird. Interpretatorische Annäherungen an das 15. Jh. lassen entsprechend viel Spielraum für religiöse, persönliche und historisch-politische Deutungen.
Für entschleunigt Lesende, die sprachlich-stilistische Sorgfalt, bewusst gestaltete Leerstellen, intensive Beziehungsbeschreibung und intellektuellen Anspruch genießen.Rezensent: Frauke Thees
Personen: Overath, Angelika
Overath, Angelika:
Ein Winter in Istanbul : Roman / Angelika Overath. - München : Luchterhand, 2018. - 263 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-630-87534-7 geb. : EUR 20.00
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Ove - Buch