Nicht die Erinnerung an einen Verstorbenen, sondern das in den Grundfesten erschütterte Ich des Trauernden steht im Mittelpunkt.
Rezension
Die amerikanische Gegenwartslyrikerin Mary Jo Bang verlor 2004 ihren Sohn. In ihrer Elegie, die nun zweisprachig herausgegeben wurde, beobachtet sie Trauer, Schmerz und ein sich einschleichendes Auseinanderbrechen des Zeitgefühls. In ihren 64 Gedichten gibt es keine einheitliche Struktur – Trauer ist haltlos, rebellierend, aufwühlend. Sprachlich bewegt Bang sich frei zwischen profanen und hochkomplexen Bildern, konzentriert sich dabei aber immer auf das lyrische Ich und seine Empfindungen. Ein Andenken an den Verstorbenen zu erschaffen, rückt in den Hintergrund, während Trauerarbeit im Fokus steht. Mit ihren Gedichten tastet Bang als Hinterbliebene dem Tod nach und versucht, den Schmerz schreibend zu erfassen. Das lyrische Ich erfährt die innere Zerrissenheit, aber keinen Trost.
Fazit: Kein „angenehmer“ Gedichtband, aber eine ehrliche, eigensinnige und berührende Auseinandersetzung mit dem Verlust eines Menschen, einem lyrischen Erlebnisbericht ähnelnd, der unter die Haut geht.
Rezensent: Anne Tebben
Personen: Bang, Mary Jo Göritz, Matthias Strätling, Uda
Bang, Mary Jo:
Elegy | Elegie : Poems | Gedichte / Mary Jo Bang. Dt. von Matthias Göritz u. Uda Strätling. - Göttingen : Wallstein, 2018. - 167 S. ; 23 cm. -
ISBN 978-3-8353-3242-3
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher