Ausführliche Darstellung Erdoğans von seinen Aufstieg aus kleinen Verhältnissen über reformerische Erfolge bis zur repressiven Herrschaft heute.
Rezension
Die deutsch-türkische Journalistin Çiğdem Akyol beleuchtet die Hintergründe eines Aufstiegs. Sie holt bis Atatürk aus, der seine Reformen autokratisch durchsetzte und dabei die frommen, ärmeren und eher ungebildeten Türken abhängte. Dieser Schicht entstammt der in einem Istanbuler Armenviertel aufgewachsene Recep Tayyip Erdoğan, sie stellt bis heute seine Klientel. Akyol zeichnet Erdoğans Lebensweg nach, der es mit Charisma und kalkulierten Provokationen vom Imamschüler über das Istanbuler Bürgermeisteramt bis zum Staatspräsidenten schaffte und allmählich die arroganten kemalistischen Eliten kaltstellte. Klar arbeitet sie seine islamisch-konservative Grundhaltung heraus, mit der er das Land verändert(e). Sie erwähnt seine Modernisierungserfolge, zeigt aber vor allem den taktierenden Machtmenschen, etwa in der Kurdenfrage oder im Verhalten gegenüber Nachbarstaaten. Den Protestsommer 2013 sieht Akyol als Phase, in der sich Erdoğans Gier nach Macht und sein Realitätsverlust endgültig offenbarten.
Wer sich ein differenziertes Bild Erdoğans und der türkischen Politik machen will, ist hier gut bedient. Ein sorgfältiges Lektorat und etwas Kürzung wären wünschenswert gewesen.Rezensent: Kerstin Wohne
Personen: Akyol, Cigdem
Akyol, Cigdem:
Erdogan : Die Biografie / Cigdem Akyol. - Freiburg : Herder, 2016. - 383 S. : Ill. ; 22 cm
ISBN 978-3-451-32886-2
Einzel- und Familienbiografien sowie Briefe und Tagebücher einzelner Personen aus allen Sachgebieten - Signatur: Bb - Bücher