Isabelle liebt Pierre und stellt ihn an einem Sommerwochenende ihrer Großfamilie vor.
Rezension
Der rationale Journalist Pierre erlebt so binnen weniger Tage die ebenso bizarre wie anarchisch-hedonistische Welt der Familie Pettigrew, die geprägt ist von gegenseitigem Respekt und gelebter Toleranz gegenüber fast jeder Diversität nach innen und nach außen, aber auch unerbittlich im zuweilen ablehnenden Urteil. - Familien entwickeln während ihrer Geschichte einen spezifischen Eigensinn, mit dem der Neue – Pierre – sich auseinandersetzen muss. Das Leben dieser Familie erschöpft Pierre so sehr, dass er sich nach wenigen Tagen mit einer brüsken Erklärung ohne Abschied Richtung elterlichem Ferienhaus in die Dordogne davonmacht. Erst dort spürt er nach einem Tag das „Dröhnen von Langeweile und Schläfrigkeit“ der eigenen Familie; spürt, dass „die durch den Zufall der Liebe in seinem Leben aufgekreuzte Sippe ihm eine andere Art zu leben gezeigt hat.“ Er kehrt zurück in die Anarchie und wird dort jubelnd empfangen.
Jede der 15 Personen ist als eigensinniges Individuum in einer Reihe kurzer Episoden beschrieben. Die Sprache zeichnet sich durch teilweise ungewöhnliche Vergleiche und durch eine von assoziativem Witz getragene Metaphorik aus, die das Lesevergnügen nur steigern. Inhaltlich wird die scheinbar kompromisslose Unabhängigkeit dieser Familie von einigen Protagonisten durchaus problematisiert. Dann gerät der Erzählton ernsthaft, analytisch, nachdenklich.
Rezensent: Reinhold Zenke
Personen: Bassignac, Sophie Steinitz, Claudia
Bassignac, Sophie:
Familiäre Verhältnisse : Roman / Sophie Bassignac. Dt. von Claudia Steinitz. - Hamburg : Atlantik, 2018. - 189 S. ; 21 cm. -
ISBN 978-3-455-00128-0
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher