Eine Frau lebt mit der Bahncard 100 im Zug. Sie berichtet von Gedanken und Erlebnissen.
Rezension
Früher hatte sie ein ganz normales Leben mit Arbeit, Wohnung und Partner. Nachdem ihr dies alles im Laufe ihres Lebens abhandengekommen ist, kauft sie sich eine Bahncard 100 und lebt fortan im Zug. Dabei nur eine Tasche mit dem Nötigsten und einem Gedichtband. Ein Zubrot verdient sie sich mit Flaschensammeln. Wenn der Zug beschleunigt, hat sie das beruhigende Gefühl, dass dieser fliegt. Dies spiegelt sich in der Erzählweise und Sprache des Romans wider: In einem mit viel Sprachgefühl beschrieben Bewusstseinsstrom der Protagonistin wird der Leser mitgerissen, hat das Gefühl mit den Gedanken, Sorgen, Beobachtungen und Begegnungen der Rentnerin zu "fliegen", um abrupt, aber verändert, wieder zum Stehen zu kommen. Die Zugnomadin, auf immerwährender Reise ohne Ziel, erzählt mal schwermütig, mal komisch, wie ihr Innenleben sich langsam von der Außenwelt loslöst. Ein Streiflicht unserer gewärtigen Gesellschaft.
Für Liebhaber von poetischen, tiefgründigen Romanen über die Würde des Menschen. Bietet genügend Diskussionsstoff für Lesekreise und Veranstaltungen. Bibliotheken ab mittleren Beständen empfohlen.Rezensent: Rebecca Noppmann
Personen: Selge, Albrecht
Selge, Albrecht:
Fliegen : Roman / Albrecht Selge. - Berlin : Rowohlt Berlin, 2019. - 171 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-7371-0067-0 geb. : EUR 20.00
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Sel - Buch