Poetische Spurensuche nach den Verwüstungen einer boshaften Diktatur.
Rezension
Janie ist Neurowissenschaftlerin, lebt in Montreal und ist auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit. Doch mit unbeherrschbarer Macht überfallen sie eines Tages die Geister der Vergangenheit und des Schreckens. Die Wutdarüber lässt sie an ihrem Kind aus. Trotz zärtlicher Liebe zu ihrem Mann und Kiri, ihrem kleinen Sohn, zieht sie sich fast vollständig aus dem Leben zurück und taucht in die Erinnerungen ein, in denen sie sich mehr und mehr zu verlieren droht. Sie war zehn Jahre alt, als die Roten Khmer ihre Heimatstadt Phnom Penh einnehmen und sie mit Mutter, Vater und kleineren Bruder verschleppen. Eine Odyssee beginnt, geprägt von Mord, Hunger und schwerer Arbeit, die erst mit ihrer nahezu irrealen Flucht endet, die nur Janie überlebt. (Das Meer "atmet" ihren entkräfteten Bruder ein...). - Es gibt weitere Opfer, deren Geschichten sie retten, vielleicht retten. Zuerst aber muss sie verstehen und mitfühlen, Rätsel lösen und mit Rätseln leben lernen. Ob es gelingt? In ihrem neuen Roman folgt Madeleine Thien den Erinnerungen ihrer Figuren aus dem Kanada der Gegenwart in das Kambodscha der siebziger Jahre, als dort die Roten Khmer mit brutalem Terror eine neue Gesellschaftsordnung errichten wollten. Mit klarer, sanfter Sprache erzählt sie vom Verlust und von der Wiedergewinnung der Menschlichkeit.
Empfohlen für Gesprächs- und Literaturkreise.Rezensent: Christiane Thiel
Personen: Carstens, Almuth Thien, Madeleine
Thien, Madeleine:
Flüchtige Seelen : Roman / Madeleine Thien. Dt. von Almuth Carstens. - München : Luchterhand, 2014. - 250 S. ; 22 cm. -
ISBN 978-3-630-87384-8
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher