Die erfolgreiche französische Theaterautorin porträtiert Nicolas Sarkozy, den sie auf seiner Wahlkampftour um das Präsidentenamt begleiten darf.
Rezension
Ein Jahr lang räumt der Kandidat für das französische Präsidentenamt der Autorin alle Freiheiten ein. Sarkozy, der es liebt, von berühmten Namen umgeben zu sein, schmeichelt es, dass der Star der französischen Gegenwartsdramatikerinnen über ihn schreiben will. Überall darf Reza den Politiker hautnah begleiten, dabei sein auf Wahlkampfveranstaltungen, bei politischen Treffen auch im kleinen Kreis, im Flugzeug, im Hotel, im privaten Raum. In ihren kommentarlosen, scheinbar nüchtern-distanzierten Aufzeichnungen charakterisieren sich die Akteure über ihr Reden und Handeln weitgehend selbst. Der Protagonist (Reza nennt ihn „er“ oder „Nicolas“) zeigt zwar einige sympathische Züge; aber im Wesentlichen erscheint er arrogant, eitel, ehrgeizig, hyperaktiv, kompromisslos, aufbrausend, vulgär. Ein Bühnenmensch, der es liebt, in seiner jeweiligen Rolle vor Zuschauern zu brillieren. Die kurzen Episoden, bruchstückhaften Dialoge, knappen literarischen Reflexionen, erscheinen ungeordnet und zusammenhangslos und entsprechen der Hektik des politischen Alltags und der Ungeduld des letztlich siegreichen, aber anscheinend nicht besonders glücklichen Kandidaten.
Das umstrittene literarische Lehrstück über eine exzentrische Persönlichkeit und die politische Elite Frankreichs ist allen zeitgeschichtlich interessierten Lesern empfohlen.Rezensent: Dieter Jeanrond
Personen: Reza, Yasmina Heibert, Frank Schmidt-Henkel, Hinrich
Reza, Yasmina:
Frühmorgens, abends oder nachts / Yasmina Reza. Dt. von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel. - 1. Aufl. . - München : Hanser, 2008. - 204 S. ; 21 cm. -
ISBN 978-3-446-23029-3
Einzel- und Familienbiografien sowie Briefe und Tagebücher einzelner Personen aus allen Sachgebieten - Signatur: Bb - Bücher