Comicroman über das Schicksal eines Mitarbeiters von „Ärzte ohne Grenzen“, der von tschetschenischen Rebellen entführt und als Geisel gefangen gehalten wurde.
Rezension
Christophe André, Mitarbeiter der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ wird 1997 im Nordkaukasus von tschetschenischen Rebellen entführt und als Geisel gefangen gehalten. Nach über 100 Tagen und Nächten gelingt ihm die Flucht. Jahre später berichtet André dem Comic-Autor Delisle seine Geschichte, der sie aus der Ich-Perspektive des Opfers in einem 428 starken Comic-Band nacherzählt. Delisle ist bekannt für Comics, die eine Mischung aus Reportage und spannender, ergreifender Erzählung sind, wobei der leicht cartoonisierte Zeichenstil eine fast suggestive Wirkung entfaltet, ist doch der Betrachter aktiv, kombinierend und ergänzend eingebunden. Gerade der verkürzende Stil verhindert jede Form von Sentimentalität und Pathos, lässt den Betrachter im Gegenteil auf mitfühlende und informierende Weise an den Ereignissen teilhaben. Lichtflecke, wechselnde Perspektiven, kleinteilige Panelfolgen, Wiederholungen führen dem Betrachter das Geschehen vor Augen, lassen ihn an der Befindlichkeit der Geisel, an seinen Gedanken teilnehmen. Wir erleben die Rezeption weniger als distanzierte Zeugen, sondern als nahe Mitspieler, die die quälend langsam verrinnende Zeit der Gefangenschaft mit erleiden.
Das erschütternde Schicksal eines Menschen in Geiselhaft wird auf eindrucksvolle Weise anschaulich. Ein informierendes und denkanregendes Comicwerk für jugendliche und erwachsene LeserInnen.Rezensent: Dietrich Grünewald
Personen: Delisle, Guy Drescher, Heike
Delisle, Guy:
Geisel / Guy Delisle. Dt. von Heike Drescher. - Berlin : Reprodukt, 2017. - 428 S. : überw. Ill. ; 24 cm
ISBN 978-3-95640-117-6
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher