Der Roman erzählt die berühmte Sage vom Prager Golem aus der Perspektive eines „Bocher“, eines jungen Juden vom Lande, den es in die Goldene Stadt zum Hohen Rabbi Löw verschlägt.
Rezension
Mit ihrer neu erzählten Version der Golem-Sage kann Miriam Pressler mit einem interessierten Publikum rechnen: Das blühende, aufstrebende Prag um 1600 mit der engen Judenstadt um die Altneusynagoge, die am neuen Glanz nur begrenzt teilhat und immer wieder Pogromen ausgesetzt ist, ist ein idealer Schauplatz für einen spannenden historischen Roman, belebt von schillernden Persönlichkeiten wie Mordechai Meisl, Kaiser Rudolf II. und nicht zuletzt vom Hohen Rabbi Löw, um den sich ein ganzer Kranz von Legenden rankt. Miriam Pressler lässt ihn auftreten als den Großonkel zweier Waisenkinder vom Lande, die bei ihm Schutz suchen. Der 15-jährige Jankel, von dem abwechselnd in Er- und Ich-Form erzählt wird, wird in die Familie aufgenommen und entdeckt in dem geheimnisvollen, bärenstarken Hausgenossen Josef das Kabbala-Geschöpf Golem. Er erfährt nach und nach, was es mit ihm auf sich hat; dabei ist sein neuer Freund Schmulik sein (und unser) wichtigster Informant. Aber nicht nur das: Es entsteht der Eindruck, als wäre Jankel imstande, den ungeschlachten Kraftprotz aus seinem Schicksal eines bloßen belebten Lehmklumpen zu befreien und zu einem Bruder (so der Titel) zumachen. Da die Sage aber eine solche Erlösung nicht vorsieht, läuft dieses Erzählmotiv ins Leere, und der Golem nimmt sein schauriges, unmenschliches Ende. Eindrucksvoll, wenn auch recht holzschnittartig, erzählt der Roman von den Menschen in der Judenstadt, deren permanente Verfolgung auch ein gegen das Gericht des Kaisers gewonnener Prozess nicht abwenden kann.
Rezensent: Bärbel Haude
Personen: Pressler, Mirjam
Pressler, Mirjam:
Golem stiller Bruder : Roman. - 1. Aufl. - Weinheim : Beltz & Gelberg, 2007. - 372 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-407-81021-2
Erzählungen (ab 13 Jahre) - Signatur: Ju 3 - Bücher