Die Autorin, Professorin (em.) in Jerusalem, erinnert sich, wie sie nationalsozialistischen Terror in Polen erlebte und vor dem sicheren Tod floh.
Rezension
Szenen von Terror, Tod und Vernichtung schriftstellerisch faszinierend, fast leicht beschrieben - das erscheint als unmöglicher Gegensatz, ist aber in dem Buch der renommierten Sinologin kein Widersinn. Die Reise der 50-Jährigen 1980 nach Polen wird zur Rückkehr in die Vergangenheit und zur Erinnerung an die vielen Reisen ihres Lebens. 1930 in Halle geboren, 1938 aus Deutschland vertrieben, findet das Mädchen mit seiner Familie eine Bleibe in Mielec, Westgalizien, der Heimat des Vaters. Sie überlebt die „Aktion Mielec", entgeht 1942 im Ghetto von Debeca der Deportation nach Auschwitz, entschließt sich danach, allein zu fliehen, um sich vor dem sicheren Tod zu retten. Sie überlebt in dem Hühnerstall einer polnischen Familie. „Ich war dort allein", 22 Monate, „Tag für Tag, Nacht für Nacht... Für dieses Alleinsein gibt es keine Worte ... Der Zustand ist zeitlos. Er dauert ewig." (S. 153) Irene Eber lässt jüdisches Leben in Mielec lebendig werden sowie die Verstörung und Angst während der deutschen Besatzung. Mit dem Buch, in dem sie ihre Erinnerung immer wieder deutlich befragt, will sie auch aufzeigen - und damit Geschichtsschreibung korrigieren - dass Morde an Juden nicht nur in Lagern und Gaskammern stattfanden, sondern ebenso auf den Marktplätzen, Straßen, Feldern Polens.
Das außergewöhnliche Buch sollte in keinem Bestand von Holocaust-Literatur fehlen.Rezensent: Irmgard Schmidt-Wieck
Personen: Eber, Irene Böhnke, Reinhild
Eber, Irene:
Ich bin allein und bang : Ein jüdisches Mädchen in Polen 1939 - 1945 / Irene Eber. Dt. von Reinhild Böhnke. - 1. Aufl. - München : Beck, 2007. - 287 S. : Ill. ; 21 cm. -
ISBN 978-3-406-55652-4
Einzel- und Familienbiografien sowie Briefe und Tagebücher einzelner Personen aus allen Sachgebieten - Signatur: Bb - Bücher