Ein schwieriger Versuch des Erwachsenwerdens.
Rezension
An Adele stellt der ehrgeizige, aus armen Verhältnissen aufgestiegene Vater große Anforderungen, beispielsweise in der Schule. Anerkennung oder auch nur ein freundliches Wort der Eltern erfährt sie nie. Im Ort wird sie oft geschnitten wegen ihrer guten Leistungen. Kein Wunder, dass sie sich in ihrer Verunsicherung und seelischen Not in Bulimie flüchtet. Das fällt einer Lehrerin auf, die erreicht, dass Adele in eine Spezialklinik kommt. Dort aber trifft sie auf eine wenig sensible Ärztin, die sie vor anderen bloßstellt und damit dem Heilungsprozess entgegensteht. Schließlich flieht Adele nach Rom und beginnt als Moderatorin einer Sendung für Heranwachsende (“Adeleszenz“) erfolgreich Karriere zu machen. Doch geheilt ist sie nicht. Das wird deutlich, als sie sich in einen Kinderneuropsychiater verliebt. Er ist verheiratet und denkt nicht daran, sich von seiner Familie zu trennen. Adele braucht lange bis sie begreift, dass seine vielen Mails zwar schöne Worte, aber wertlos sind. Es ist schließlich die kleine Tochter, die ihr einen Ausweg aufzeigt und ihr den Weg zur Adoleszenz eröffnet.
Der Roman ist überfrachtet mit krankhafter Selbstreflexion bei wenig Souveränität. Er zeigt keine positiven Angebote auf, die doch die moderne Medizin durchaus kennt. Und wie ist es möglich, dass die positiv aufgenommene Sendung über viele Jahre keine Selbstsicherheit und Eigenständigkeit für Adele bringen?Rezensent: Halgard Kuhn
Personen: Gamberale, Chiara Koskull, Verena von
Gamberale, Chiara:
Im Vaterleib : Roman / Chiara Gamberale. Dt. von Verena von Koskull. - Wien : Folio, 2023. - 237 S. ; 22 cm. -
ISBN 978-3-85256-875-1
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher